Ausgewählte Einträge - Philosophisches


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29.08.2005 - Montag - "Vom Prinzip Hoffnung"


Bei meinen einsamen und stillen Rundgängen zusammen mit Eli-Elli dachte ich mal ausnahmsweise so vor mich her und rum :-))

   Wenn eine Sache immer gleich geschieht und die Häufigkeit dessen ein wissenschaftlich-mathematisches Indiz für die Wahrscheinlichkeit eines selben Ausgangs in der Zukunft ist, dann wäre das Ideal des Sozialismus schon gescheitert bevor es auch nur ansatzweise umgesetzt werden würde, da es bisher unter dem Namen des Sozialismus ausnahmslos nur Diktaturen gab.

   Andererseits: Jesus Christus ist wohl der einzige unbestritten wahre Sozialist der abendländischen Menschheitsgeschichte. Aber trotz dass sein Ideal einer gerechten Welt usw. kläglich scheiterte und wie bei den späteren sozialistischen Ideen ebenso in eine Diktatur (hier des Klerus) führte, hegen heute Milliarden Menschen dennoch die Hoffnung der Verwirklichung dieser christlichen Ideale in naher oder ferner Zukunft.

   Was den Christen recht ist, sollte den Humanisten billig sein (Humanismus ist die Grundvoraussetzung des Sozialismus schlechthin - und ein separates Thema). Wer nun aber behauptet, Sozialisten seien naiv, der muss dies zwangsläufig auch den Christen sagen, denn das folgert die Logik. Und umgekehrt genauso: sind die Christen stark in ihrem Glauben, und wird dies positiv gewertet, so sind die Menschen ebenso positiv und stark, die selbst den größten Widerständen zum Trotz den Sozialismus zu etablieren versuchen.

   Jetzt mag ein ganz Schlauer einwenden, diese Logik gelte nicht, denn der christliche Glaube sei privat und erst im Dasein nach dem Tod von Relevanz - so fallen mir gerade hierzu ein paar nette Zeilen Heinrich Heines ein:


Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.



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18.04.2005 - Montag - "Ein wunderbarer Traum"


Habe Gesternabend bruchstückhaft einen Film auf VOX mitbekommen, in dem ein Mann zwischen dem Diesseits und dem Jenseits wechseln konnte. Die Toten sagten ihm, was sie ihren lebenden Verwandten noch zu sagen hatten und umgekehrt. Jaja, das Ganze war reichlich schrottig, am Ende ging es um einen aufzuklärenden Kriminalfall. Aber: dort gab es eine Szene, die mir vor Rührung die Tränen in die Augen trieb.

   Besagter Mann konnte die Sterbestunde und sogar den Moment des Sterbens längst verstorbener Menschen neu miterleben - schwer Montagmorgen zu beschreiben *lol* - also, was in der Vergangenheit geschah, erlebte er live wie in einem Film noch einmal. Und da gab es halt die Szene, wo ein Mann sterbend im Krankenhausbett lag und seine Familie drumherum stand. Plötzlich lief ein Hund einen Krankenhausgang entlang, ein schöner großer Golden Retriever. Dann erst erkannte ich, dass der Gang viel zu schmal für einen Krankenhausgang war, irgendwie irreal.

   Die Szene war wie ein wunderbarer Traum: Der Hund lief zum Bett, sprang halb hinauf, und der Mann freute sich, beugte sich vor und beide knuddelten. Dann machte der Hund kehrt, und der Mann stieg aus dem Bett, um ihm zu folgen. Die herumstehenden Personen bemerkten es gar nicht. Der Mann folgte lächelnd dem Hund und plötzlich standen da einige Menschen in dem Gang, die den Mann fröhlich begrüßten, als käme er von einer langen Reise zurück nach Hause. Dann schwenkte die Kamera den Gang entlang zurück ins Krankenzimmer. Die Geräte der Lebensüberwachung begannen zu piepsen und der Mann im Krankenbett war tot.

   Ich kann es gar nicht so wiedergeben wie die Szene tatsächlich war. Der Hund hatte ihn vom Diesseits ins Jenseits abgeholt. Der Tod war Erleichterung und Freude zugleich. Ich hatte sofort Müllerchen im Sinn und stellte mir vor, wie wunderwunderschön es wäre, würden diese Träume wahr werden!

   Ich sah vor meinem geistigen Auge auch andere Personen aus meinem Leben, Gesichter, die ich längst meinte vergessen zu haben - gemeinsam mit Müllerchen und glasklar.

   Also, ich muss ehrlich sagen - vielleicht nur, da ich von der Szene überrascht und überwältigt worden war - so etwas Tolles, was ja eigentlich sehr religiös ist, hab ich vorher noch nie gesehen bzw. noch nie so empfunden - Talking to Heaven.


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07.12.2004 - Dienstag - "Tod, alltäglich"


Es geschah bereits letzte Woche, nur 300 Meter von hier entfernt auf der Bundesstraße. Ich fuhr mit dem Rad zur Arbeit daran vorbei. Die tote Frau hatte man bereits abgeholt, 20 Minuten vorher... dabei reichte mir der Anblick völlig. Leicht zerbeultes Auto, kaputtes Motorrad und ein weißer Helm. Viel Polizei und Absperrung usw..

  Eine Motorradfahrerin, 36 Jahre alt und mit einer zuhause wartenden 14-jährigen Tochter, überholt einen PKW. Vielleicht 1.000 Meter vor dem Ortseingangsschild; also völlig unnötig. Während des Überholvorgangs stellt sie fest, dass der Abstand zum Gegenverkehr nicht ausreicht. Sie bricht das Überholen ab indem sie bremst. Sie macht Fehler dabei, das Motorrad schlingert und stürzt. Sie rast mit dem Bike auf dem Boden schliddernd in den Gegenverkehr. 300 Meter von hier entfernt. Sie stirbt sofort. [Link] Tage später wird klar, jemand, den ich kenne, kennt sie gut.

  Beim Gegenverkehr handelte es sich um eine junge Familie. Mann, 27, Frau und 3 Kinder - alle samt im kleinen Auto unterwegs. Nur leicht verletzt aber mit Schock. Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit an einer Blutlache im Grünstreifen vorbei - am andern Morgen zurück vorbei an Kreidezeichnungen auf Asphalt und rosa Sägespänen auf grünem Gras.


  Heute ist mir immer noch etwas im Kopf, die Vorstellung von dem, was wäre, wenn wir quasi von oben auf uns hinabsehen könnten und wie bei einer Modelleisenbahn wüssten, was geschehen wird: das letzte Frühstück, zum letzten Mal aufs Klo, der letzte Gedanke... vor dem Tod.

  Und das Irre an dieser Vorstellung ist eigentlich, dass wir alle, dass jeder Mensch und jedes Tier eine letzte Handlung begeht, einem letzten Gedanken nachhängt usw. bevor der Tod kommt. Ganz gleich ob man im Krankenhaus auf ihn wartet oder ob man ihn in seiner Plötzlichkeit gar nicht mitbekommt.

  Ist das nicht ein irrwitziger Gedanke?  Vielleicht ist gerade das, was du jetzt im Augenblick machst, das letzte Mal, dass du es machst.

  Ich finde den Gedanken daran gruselig - und doch geschieht es milliardenfach Tag für Tag.

 

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11.10.2004 - Montag - "China-Asien-Montags-Monolog"


Mo schreibt über die gesellschaftlichen Entwicklungen anbetracht des Internets in China. Total spannendes Thema. Seit Jahren interessiere ich mich für die gesellschaftlichen Entwicklungen in Asien. Denn allein dort liegt die Zukunft von uns allen.

  Ich glaube nicht, dass das 21. Jahrhundert durch einen "Kampf der Kulturen" Christentum gegen den Islam geprägt wird. Viel zu unterlegen und uneins ist zur Zeit die Welt der islamischen Fundamentalisten. Aber ich glaube, dass das 21. Jahrhundert zuerst durch die Auseinandersetzungen um den Kampf über die Vorherrschaft in Asien beginnen wird, was in unbestimmter Zeit für unbestimmte Zeit zwei Machtblöcke auf der Erde existieren lässt: unser westlicher und der asiatische.

  Zuerst bedeutet dies aber das Ende der chinesischen Diktatur. Daraus folgernd werden erst Mega-Probleme in Asien entstehen, die wie auch immer mit der Vormacht eines Staates enden wird.

  Ich meine, diese Gedanken sind recht logisch. Da 1989 die letzte Freiheitsbewegung in China niedergeschossen worden war (dies ist 15 Jahre her!) kann die nächste Freiheitsbewegung jederzeit dort erneut ausbrechen; und dann wahrscheinlich mit Erfolg. Warum?

  Durch das rasante Fortschreiten der Entwicklung der Kommunikation dauern Phasen, die früher vielleicht 30 Jahre brauchten, längst nicht mehr so lange. Die ganze Welt entwickelt sich von der Steinzeit bis heute in einer Potenz, die man sich am Besten als langsam flach ansteigende Kurve vorstellt, die doch irgendwann steil nach oben zieht - wir befinden uns quasi inmitten einer Explosion, nur in Zeitlupe erlebt.

  1989 gab es weder Handys, noch das Internet und das SAT-TV war weltweit noch extrem teuer. Heute ist jede Hardware der Unterhaltungs- und Medienindustrie im Vergleich spottbillig geworden. Wenn heute die Chinesen auf dem Land gerade erst Strom bekommen, haben sie morgen ein SAT-TV, da es mittlerweile selbst für sie bezahlbar wird. Und wer einmal die Vielfalt und die Freiheit (selbst virtuell) gesehen hat, dem kann man keine Diktatur wie in Nord-Korea mehr verkaufen. Am Ende ist es das Zusammenspiel aller stets billiger werdenden Kommunikationsmöglichkeiten, die diese vormals 30-Jahre-Entwicklungen (1950er-Jahre-Aufstände bis 1980er-Jahre-Aufstände des Ostblocks) beschleunigen werden. Da es in China wie gesagt 15 Jahre her ist... also, jeden Moment könnte es dort wieder losgehen.


  Abgesehen davon, was passieren wird, dass etwas geschieht, ist so ziemlich jedem klar, der mal ein wenig intensiver nach Asien blickt. Dass wir meiner Meinung nach unmittelbar davor stehen, ist einerseits wahnsinnig interessant zu beobachten und bietet andererseits auch immense Chancen der globalen Zusammenarbeit. Große Risiken, die in zukünftige Kriege führen, die vielleicht zuerst begrenzt, dann aus Dummheit oder Unachtsamkeit leicht zum Weltkrieg führen können, gibt es zweifellos auch.

  Naja, 8 Uhr, Nachtschicht gerade zuende; ich bin zu müde, jetzt weiter zu philosophieren, gute Nacht erst mal ;-))


  Doch noch eine These: Der Buchdruck Gutenbergs führte bekanntlich zur Auf-klärung und befreite Europa von der klerikalen Diktatur; weltweites erschwingliches SAT-TV, Handy und Internet führen zur Aufklärung der Massen und befreien die Welt von den letzten Diktaturen.

  Information und Kommunikation (für alle) sind die Schlüssel zur Freiheit.


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09.09.2004 - Donnerstag - "Sound on Bike"


Schon vor Jahren wollte ich eine CD von Ennio Morricone haben. Endlich war es so weit. Die besten Titel rasch auf den MP3-Player kopiert und ab, mit dem Fahrrad auf dem Radweg die Landstraße 20 Kilometer weit gefahren, mit vollem Klang unter anderem "Once Upon A Time In The West" genossen - das geht ohne jedwede Umwege direkt in die Seele, da bekomme ich Gänsehaut und mir stehen unwillkürlich Tränen in den Augen - sagenhaft, was Musik so alles kann.


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Π31.12.2003 - Mittwoch - "Man in the Moon"


Da macht sich jemand die Mühe, akribisch sämtliche Argumente der Mondlandungslüge aufzulisten und jedes einzelne sodann sachlich zu widerlegen - und dann schreiben einige Zeitgenossen in seinem Gästebuch sinngemäß, dass sie trotzdem nicht an die Mondlandung glauben, dass die USA einige Astronauten umgebracht hätten, dass das komplette Apollo-Programm ein Fake sei usw. usf. - ich fass es nicht, wie dumm doch manche Menschen sind!

  Einer, der auch eine interessante eigene Seite hat, bringt es in diesem GB aber prima auf den Punkt, indem er schreibt: "[...] Aber das Problem mit Verschwörungstheoretikern ist, dass die unbedingt an ihre in der Regel schon vorher (vor Faktenkenntnis) festgelegte Theorie glauben wollen! Da kann man dann mit tausendfach bewiesenen Fakten kommen, uninteressant, es ist zwecklos, die kann man nicht von der Realität überzeugen. Denn den Verschwörungstheoretikern kommt es nicht auf Fakten an - sie suchen nur nach Argumenten zur Stützung ihrer Theorie. Sondern denen kommt es auf etwas ganz anderes an; etwas, was den Religionen eigen ist, nämlich: G L A U B E !

  Die haben ihre Theorie zur Ersatzreligion erhoben; entweder man glaubt an ihre Theorie (Religion), egal wie die verifizierbare Faktenlage aussieht, oder man ist ein Feind ihrer Persönlichkeit... Deshalb werden Diskussionen auch emotional sehr heftig geführt und jedes Gegenargument persönlich genommen.

  Und solche Diskussionen laufen bei allen Verschwörungstheoretikern gleich ab, egal, ob Mondlandeleugner, 11. September-Verschwörung, oder gar Holocaust-Leugner: Die Diskussionsweise ist absolut identisch. Und das ist ein soziologisches Phänomen!..."

  Wunderbar! Dem kann ich nur zustimmen, wenngleich ich es nicht alleine als soziologisches Phänomen, sondern auch als ein psychologisches erklären würde, also als ein soziologisch psychologisches.

  Die Komplexität der Welt, vieler Dinge und der Mechanismen überfordern geistig viele Menschen, so dass die Sehnsucht nach dem Einfachen, nach einer Geborgenheit in überschaubaren Rahmen und Verhältnissen jeden Restverstand ausschaltet. Das sehen wir heute auch sehr oft in der Politik, wenn dort beispielsweise von unserer Wirtschaft gesprochen wird: Wer rhetorisch geschickt (wie unser Klassensprecher Westerwelle) Kompliziertes auf einfache Nenner bringt, dem wird Vernunft und Sachverstand unterstellt und folglich wird ihm vertraut, selbst wenn er dabei seine Finger tief in die Brieftaschen derer hält.

  Sekten, Religionen, Ideologien - alle funktionieren nach diesem einfachen Muster. Und dazu gehört dann auch zwingend die Gegenargumentation, das Erschaffen von Feindbildern, was in letzter Konsequenz sogar zu Selbstmordattentätern führt.

  Die Auschwitzlüge wie auch das Leugnen der Fakten des 11. Septembers werden zu einem großen Teil für politische Ziele benutzt.

  Ufos, SETI-Paläontologie usw. nutzt Esoterikern, ihren eigenen Glauben zur Durchsetzung zu verhelfen.

  Die Mondlüge scheint mir so ein Zwischending zu sein: sie hilft einerseits Antiamerikanismus zu schüren wie auch andererseits den esoterischen Gurus.

  Ob nun politisch oder religiös motiviert, allen ist die Gemeinsamkeit zuzuschreiben, eigene Ziele zu verfolgen und die Dummheit der Menschen dabei zu benutzen. Da werden dann nicht nur Fakten geleugnet, sondern es wird sogar gefälscht auf Teufel komm raus.


  Wieso aber sind Viele mit unserem komplizierten Leben überfordert oder sehnen sich nach der "heilen Welt"? Ich frage dies grundsätzlich und meine nicht diejenigen, die sich zeitweise etwas Ruhe wünschen usw..

  Mit dem Denken und mit der Freiheit, das ist schon so eine Sache. Ich schätze mal, alles beginnt bereits im Kindesalter. Wer immer unterdrückt und fremdbestimmt worden ist, wessen Kreativität eingeschränkt wurde, der hat eben nicht gelernt, selbstständig mit dem Leben umzugehen. Wer aber in seiner Selbstständigkeit und in seiner Kreativität gefördert wurde, der erfasst leichter, fast spielerisch die verschiedenen Ebenen und Möglichkeiten des Daseins. Der erste benötigt in seinem Erwachsenenleben immer Führungspersonen, die ihm sagen, was und wie er zu leben und zu denken hat; der zweite nutzt gerade die vielen Entscheidungsmöglichkeiten des Lebens als Chance für sich selbst. Abhängigkeit ./. Selbstständigkeit; das bietet für mich auch eine Erklärung für Intelligenz oder Einfalt.

  Dummheit ist nicht angeboren, das glaube ich absolut nicht, aber die Klugheit ebenso wenig. Wenn ich weiter nachdenke, gelange ich wieder zu meinem Lieblingsthema der Fantasie. Voraussetzung für Intelligenz ist die Fantasie - oder ohne Fantasie kann es keine Intelligenz geben. Fantasie à Kreativität à Intelligenz.

  Ich behaupte nun nicht, alle Verschwörungstheoretiker seien dumme Menschen, nein, im Gegenteil; viele sind hochintelligent und gerade deshalb in der Lage, die dümmeren Menschen mit ihren Theorien für ihre Zwecke zu missbrauchen. Intelligenz hat schließlich nichts mit Moral zu tun.

  Gerade die "guten" Verschwörungstheoretiker besitzen eine ausgeprägte Kreativität, mit der sie die Realität oder die Fakten in ihr vermeintliches Gegenteil umwandeln.

  Bei vielen Themen vor allem der Geisteswissenschaften (Philosophie, Psychologie etc.) gibt es mehrere Möglichkeiten zu verschiedenen Erkenntnissen zu gelangen, die dann alle "richtig" oder die "falsch" sind. Manchmal gelten bestimmte Modelle zig Jahre als richtig bevor sie von anderen abgelöst werden. Ein andermal galt Gestern das absolute Gegenteil von Heute und Morgen wird vielleicht wieder etwas ganz anderes gelten.

  Die Logik hingegen bleibt unbestechlich wie sie ist! Wenn beispielsweise jemand behauptet: "Lass jedem seine Meinung, denn Objektivität gibt es nicht", so hört es sich logisch an, ist aber völliger Unsinn, denn wenn keine Objektivität möglich ist, kann man auch nicht behaupten, dass Objektivität unmöglich sei, da dies dann nicht beweisbar wäre. Der Satzteil "Lass jedem seine Meinung" wird hierbei rhetorisch benutzt, um die Logik der Objektivität zu verneinen zu helfen und um letztendlich damit ein weiteres Ziel zu verfolgen - wie etwa die Mondlandungslüge oder auch sonst irgendetwas. Somit bedarf es neben der Fakten und der Intelligenz auch immer der Logik, um die Verschwörungstheoretiker zu entlarven.

  Andererseits bedarf es aber immer auch der Fantasie, um Unerklärliches modellhaft zu beschreiben. Woher wir kommen, was der Sinn des Lebens ist, weshalb es das Universum gibt - dies sind alles unbeantwortete Fragen, bei denen die Fantasie als Erklärungsversuch sehr hilfreich ist. Das Flugzeug fliegt hingegen; diese Objektivität ist faktisch nicht zu leugnen, mag da noch so viel Fantasie ins Spiel mit eingebracht werden.

  Es gibt Verschwörungstheoretiker beispielsweise des 11. Septembers, die doch tatsächlich behaupten, diese großen Flugzeuge seien gar nicht ins WTC geflogen, da die Einschlaglöcher nicht mit den Maßen der Flügelspannweiten übereinstimmten. Ich brauche hier nun nichts technisches zu erklären oder richtig zu stellen - die ganze Welt hatte es live gesehen! Dennoch hält sich dieses "Argument" selbst heute noch in bestimmten Kreisen hartnäckig. Und jetzt stelle dir einmal vor, wie Mythen und Legenden bei nicht gefilmten Dingen entstehen können!


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Œ 15.10.2003 - Mittwoch - "Kurzes Plädoyer für die Fantasie"


Georg befindet sich noch immer auf seiner gedanklichen Reise in der Fantasie, kommt im Folgenden "vom Höksken auf et Stöcksken" und lässt schon mal vorsorglich - oder wie im Juristendeutsch so schön gesagt wird "hilfsweise" verlauten, dass hier absolut kein Lesezwang besteht :-))


  Interessant finde ich ja weniger alles Vorstellbare als vielmehr gerade das Unvorstellbare, das Etwas, von dessen Existenz du ahnst, das du bis zu einem gewissen Grad abstrakt zu beschreiben in der Lage bist und von dem du binnen eines Bruchteils einer Sekunde gedanklich zur Tür herein gelassen wirst.

  Wir denken in drei Dimensionen. Für Manche gehört die Zeit als vierte Dimension dazu, was aber nicht zu halten ist, da wir die Zeit nur unter der Voraussetzung dieser drei Dimensionen mehr oder weniger linear erleben. Einen gewissermaßen "Ausbruch aus der Zeit" wird einigen Menschen durch die im Trance (oder wodurch auch immer) herbeigeführten chemischen Veränderungen der Substanzen ihres Gehirnes vorgetäuscht, doch bleiben diese Grenzerfahrungen selbst da noch abhängig von unseren gewohnten Dimensionen. Erst mit dem Tod sind wir wirklich von ihnen befreit. Daher würde ich am Ehesten dieses nicht vorstellbare Nichts als vierte Dimension erachten - wobei das ja so eine Sache ist mit dem Nichts: Solange ich versuche es mir vorzustellen, solange ich fühle, denke, handle, solange noch etwas ist, so lange existiert auch kein Nichts - und somit wird kein Mensch je in der Lage sein, das Nichts zu beschreiben, noch jemals das Nichts zu erfahren. Sobald wir den Raum verlassen, verlassen wir auch die Zeit, also sind Zeit und Raum unbedingt abhängig voneinander.

  Wie dem auch sei, da wir in einer dreidimensionalen Welt leben, sie auch so wahrnehmen, können wir keinen Nachweis einer (oder mehrerer) weiteren Dimension erbringen - aber auch keinen Gegenbeweis. Die Arroganz menschlichen Denkens geht aber meist davon aus, dass etwas nicht existiert, solange es nicht erfasst, beschrieben und katalogisiert worden ist. Dieses Denken schützt uns zwar vor Spinnern, Gauklern und Rattenfängern (dem ganzen Vorsehungsscheiß, dem viele Menschen verfallen), ist daher einerseits sehr positiv zu bewerten, doch andererseits verhindert gerade diese Sturheit, die der Arroganz auch immer eigen ist, kreative fantasievolle Versuche, wenigstens ansatzweise dem Räumlichen zu entkommen.

  Ich mag keinen Stillstand, betrachte das Dasein als einmalige Chance ein paar wenige Jahre zu lernen. Ich gebe mich mit einfachen Antworten nicht zufrieden und sehe das Forschen und Entdecken auf multiplen Ebenen als eigentlichen Sinn des Lebens. Tatsachen bleiben keine unabdingbare Tatsachen, physikalische Gesetzmäßigkeiten sind nicht der Weisheit letzten Ende, sondern alles "gilt" nur in seiner ihm durch die Dimensionen zugewiesenen Welt.

  Eine wunderbare Beschreibung dieser, ich will sie mal "Dimensionsgefangenschaft" nennen, gibt es in den 45 Minuten der "Star Trek"-Episode "Das kosmische Band", wobei es dort nicht etwa um eine erweiterte vierte Dimensionserfahrung geht, sondern der Blickwinkel verändert wird und Problemlösungen aus der Sicht existierender zweidimensionaler Lebewesen in einem dreidimensionalen Raum gefunden werden. Physikalische Gesetze "unserer Welt" sind in dieser anderen Welt außer Kraft gesetzt und nur durch die Änderung der Perspektive, also dem gedanklichen Rahmen-Sprengen, findet in dieser Episode ein Verstehen und somit eine Entwicklung statt.

  Schon mal darüber geschrieben hatte ich, dass beispielsweise ein von uns nicht vorstellbares vierdimensionales Leben durchaus "mitten unter uns" existieren könnte aber wir in diesem Fall gegenseitig von unserer Existenz nichts bemerken würden. Das ist doch eine interessante Vorstellung, deren Auswirkung sogar das "reale Leben" beeinflussen kann, wie etwa die sehr ähnliche Philosophie manch "primitiver" Kulturen, die in vielen Tieren, Dingen usw. - die in ihrer Umwelt einen lebendigen Geist vermuten und deren Umgang dadurch mit und in ihr sehr viel respektvoller ist, als es in unserer zu Tode aufgeklärten fortschrittlichen Zivilisation der Fall ist.

  Die Herangehensweise und Auslegung der Naturwissenschaften schließt prinzipiell seit der Zeit der Aufklärung jede Fantasie und Spiritualität aus. Das ist verständlich, wandte sie sich doch gegen den klerikalen Aberglaube des Mittelalters. Somit fanden dort aber auch kaum wirkliche Entwicklungen statt, viel mehr wurde altes und verlorengegangenes Wissen neu entdeckt. Erst seit dem noch recht neuen Denken, ganz besonders in der in der Physik und Astrophysik des letzten Jahrhunderts, das sich witzigerweise gerade aufgrund der vielen neuen Erkenntnisse einstellte, wird allmählich die Fantasie nicht mehr als hinderlich erachtet, sondern als der eigentlich treibende Motor.

  Und genau das meine ich: Was uns als einzelne Menschen sowie als Menschheit wirklich jemals weitergebracht hat, ist das Verlassen stupider Dogmen und eingerahmter Denkwege mit Hilfe der Fantasie sowie durch den ungeheuren Entdeckertrieb - beides wesentliche Voraussetzungen der Kreativität. Viele neuere naturwissenschaftliche Erkenntnisse waren und sind längst in den spirituellen Erfahrungen alter fast ausgestorbener Kulturen seit Urzeiten vorhanden. Dies sollte doch zu denken geben.

  Es beginnt bereits im Kindesalter: Je mehr Spielzeug vorhanden ist, desto weniger Fantasie gibt es; je mehr die Welt reglementiert und die Umwelt betoniert wird, desto weniger ist zu entdecken - die Kreativität verkümmert. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten: ohne Fantasie verkommt der Geist zu einer fleischigen Masse, dessen Handeln hauptsächlich von anderen bestimmt wird und dessen Dasein sich marionettenartig in irgendwelchen Schablonen des Alltags verliert - wirkliche Freiheit dagegen beginnt im Kopf und ihre Voraussetzung ist die Fantasie.


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Π14.10.2003 - Dienstag - "Zen und die Dimensionen der Teezeremonie"


Bist du dir eigentlich im Klaren darüber, welche Dimension die Frage nach der Kunst enthält? Oder welche Auswirkungen dein täglicher Teekonsum hat?


  Mikro- und Makrokosmos - wenn wir annehmen, es sei so, dass sich im Mikrokosmos all das unendlich klein widerspiegelt, was wir im Makrokosmos, also im Universum nur ansatzweise kennen, dann gibt es nicht nur im Universum Milliarden Galaxien mit Abermilliarden Sonnensystemen und eine nicht zählbare Menge Planeten (nach neuesten Forschungen vielleicht ja sogar unzählige Universen!), sondern dann sollte das gleiche auch im Mikrokosmos zu finden sein.

  Um sich das Ausmaß vorzustellen: ein Atom, um das Elektronen, Neutronen, Protonen und weiß der Teufel noch für Zeugs schwirren, wäre gleichzusetzen mit einem Sonnensystem. Ein einzelnes Sandkorn besteht bereits aus einer gigantischen Menge solcher Atome. Ein faustgroßer Stein zum Beispiel besitzt demnach mehr Atome, als unsere Galaxie Planetensysteme, die gesamte Materie der Erde entspräche unserem Universum...

  Nur mal weiter angenommen: Wenn ein Planet unter den Milliarden Sonnensystemen nur einer einzigen Galaxie Leben besäße, dann gäbe es Abermilliarden Planeten mit Leben. Um einen dieser Planeten zu finden, wäre es allerdings so - als wenn wir ein einziges ganz bestimmtes Atom, sagen wir mal eines Baumes herauspicken würden. Das ist nicht zu schaffen, selbst unter der Annahme, dass es technisch möglich wäre. Aber ok, das Prinzip Zufall ließe zumindest eine theoretische Möglichkeit bestehen.

  Nun wissen wir allerdings, dass ein Radiosignal von einer zur anderen Galaxie Hunderttausende bis Millionen Jahre unterwegs ist. Eine Kommunikation wäre also selbst in Lichtgeschwindigkeit nicht möglich. Jetzt könnte man doch den umgekehrten Weg einschlagen, indem wir versuchen mit den Bewohnern eines ganz bestimmten "Dings", das um ein ganz bestimmtes Atom schwirrt, Kontakt aufzunehmen.

  Nehmen wir weiter an: In einem Jahr kreist bekanntlich die Erde um die Sonne; dieses eine Jahr entspricht für die Bewohner des "Dings" die Umkreisung um ihren Atomkern. Für uns ist das gar nicht messbar, denn deren Jahr wäre quasi "im selben Moment" für uns vergangen - also in einer dermaßen kurzen Zeit, die wir gar nicht wahrnehmen können, sondern lediglich als mathematische Zahl auszudrücken in der Lage sind. Nehmen wir noch weiter an, das Leben auf dem "Ding" im Mikrokosmos hat eine Lebenserwartung von 100 Jahren, ähnlich wie bei uns. Die Zeit (also die Jahre) in der das "Ding" 100 mal um seine Sonne (also den Atomkern) schwirrt, ist für uns 100 mal diese nicht wahrnehmbare Zeit - was bedeutet, dass die Lebenspanne der Bewohner des Mikrokosmos für uns im selben Augenblick, da wir überhaupt daran denken, bereits verstrichen ist. Demnach ist allein schon aufgrund der unterschiedlichen Zeitdimension eine Kommunikation ebenfalls nicht möglich.

  Wir würden doch nicht einmal mitbekommen, wenn deren Sonne zur Supernova wird, gar deren Galaxie komplett explodiert, also deren Ordnung der Gestirne, die Milliarden Jahre in ihrer Zeit bestand hatte, "plötzlich" vernichtet wird - was ja allein dann schon geschieht, wenn (physikalisches Grundwissen vorausgesetzt) für unsere Tasse Tee heißes Wasser kocht!

  So wir das Unvorstellbare nun aber durch diese Matrix grober bildlicher Krücken in den Makrokosmos spiegeln, also unser Jahr dem selben nicht wahrnehmbaren Moment der Bewohner irgendwo des Makrokosmos entspräche, unsere Sonne einem ihrer Atome und die Erde ihrem "Ding", so wäre das Ende allen Lebens auf der Erde, ja das Verschwinden unserer ganzen Galaxie spätestens dann zu erwarten, wenn in jenem Makrokosmos ein Teepott zu kochen begänne...


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Π29.06.2003 - Sonntag - "geSICHTer"


Je älter ich werde, je mehr bekannte Gesichter sehe ich. Hä??? Ok, langsam.

  Für einen 15 oder 20jährigen sehen alle älteren Menschen ziemlich gleich aus: ein 16jähriger sieht einen 30jährigen Menschen als einen uralten nicht zu definierenden Opa. Es fehlt ja noch die Zeit, um überhaupt Erfahrungen im Leben zu machen, mit denen Menschen dann verglichen werden können. Soweit klar, was ich meine?

  Mit 25 Jahren sind schon gut an die 10 Jahre Lebenserfahrung als Erwachsener angesammelt, und in diesem Alter beginnt man langsam aus Gesichtern zu lesen. 40jährige sind aber immer noch Opas, der Horizont der Erfahrung liegt vielleicht bei 10 Jahren (vor/zurück 5 Jahre) des eigenen Alters.

  Dann geht's so weiter: mit 35 erkennst du die Charaktere in Gesichtern anderer bereits in einer Spanne von 20 Jahren, mit 45 sogar von 40 Jahren und so weiter. Biddeschön, das alles natürlich nur mal grob und modellhaft beschrieben.

  Mit Mitte 20 kann man sich zum Beispiel nicht vorstellen, dass ein Opa oder eine Oma von um die 40 überhaupt noch ein Sexualleben hat aber 20 Jahre später besitzt gerade für diesen dann 40jährigen Menschen mitunter ein/e 50jährige/r außerordentlich sexuelle Attraktivität. Also, je älter man wird, desto bereichernder und interessanter wird das Leben. Man orientiert sich nicht mehr lediglich unter seines Gleichen, sondern die Spanne des aus den Gesichtern lesen Könnens potenziert sich und die Interessen nehmen enorm zu.

  Menschen sind zwar Individuen aber ähneln sich in ihrem Aussehen und Verhalten sehr oft. Für jemanden, der nie mit Hunden zusammen lebt, sieht beispielsweise jeder Schäferhund gleich aus. Hundeerfahrene Leute hingegen erkennen im Gesichtsausdruck der Hunde neben ihren individuellen Charakteren auch ihre Gemeinsamkeiten und sogar ihre charakterlichen Wiederholungen anderer Generationen. Um dies zu sehen bedarf es ganz einfach einer bestimmten zeitlichen Erfahrung. Soweit noch immer klar?

  Wenn Charaktere sich ebenfalls bei den Menschen stets wiederholen, kann ein älterer und erfahrener Mensch bei einem jungen bereits bestimmtes oder zu erwartendes Verhalten voraussehen. Erfahrung, Instinkt und Sensibilität im Erleben der Umwelt und des Miteinanders verschmelzen zu einer ziemlich treffsicheren Intuition. Viele sog. "Wahrsager" arbeiten unbewusst genau nach diesem Prinzip.

  Klar, nicht jeder ist dazu in der Lage, denn es gibt zu viel unsensible, gestörte oder kranke Menschen, aber ich behaupte mal, mindestens ein Drittel oder sogar die Hälfte aller Menschen erfährt im Laufe ihres Lebens mehr oder weniger diese Art der "Altersweisheit".

Also, vorletzte Woche teilte ich mit einem Kollegen, der einem guten Bekannten wie aus dem Gesicht geschnitten war, meinen Nachtdienst. Seine Stimme war gleich, seine Bewegungen, wie er redete - einfach alles (in meiner subjektiven Wahrnehmung natürlich) mit Ausnahme seines Alters; er war knapp 10 Jahre jünger. Und ich wollte es nicht lassen, ihn sodann zu einem Versuchskaninchen zu machen *grins*. Auf meine Fragen, mein Reden und Machen konnte ich jede Reaktion von ihm, jede Auskunft, die ich erhielt, den Humor sowie den Ernst voraussehen. Sogar seine bisherige Lebensgeschichte glich frappierend in den Grundzügen der meines Bekannten.

  ch hätte sehr leicht in etwa Tendenzen für seine Zukunft voraussagen können. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sie wohl ähnlich verlaufen - aber - da die Zukunft selbst nicht voraussagbar ist, bleibt bei all der vermeintlichen Sicherheit in der Beurteilung immer noch ein großes Stück Ungewissheit. Ähnlich wie beim Billard ist selbst eine minimale kaum wahrnehmbare Abweichung in der Lage, zu einem völlig unterschiedlichen Ergebnis zu führen. Oder wie mein geschätzter Captain Picard aus "Star Trek" sagt: Ich betrachte die Zukunft als etwas, das noch nicht in Stein gemeißelt ist.

  Faszinierend sind diese Ähnlichkeiten bei uns Menschen aber schon. Übrigens, da Viele solche oder ähnliche Begabungen des Sehens und Erkennens haben, ist dir vielleicht aufgefallen, dass man nie sich selber in anderen Gesichtern wiederfindet. Ist doch komisch oder?! Und vielleicht mit ein Grund für die vielen Selbstportraits der Künstler.


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Π25.06.2003 - Mittwoch - "Bildung und Leben"


Ein Freund von mir ist Sozialpädagoge und Schuldnerberater bei der Caritas. Seit Jahren müht er sich ab, neben der rein technischen Hilfe der Entschuldung, immer auch den pädagogischen Aspekt seiner Arbeit einen großen Raum zu geben. Angesichts solcher Meldungen leisten die Schuldnerberatungsstellen eher eine Sisyphusarbeit, und ich frage mich, wie und warum es denn geschieht, dass ausgerechnet die jungen Menschen heute vermehrt in die Schuldenfalle geraten.

  Ein Handy ist sicher alleine erst mal schuldlos daran, allerdings kommen hier wohl einige Faktoren zusammen, bei denen das Handy dann die Spitze des Eisberges darstellt. Will sagen, wer seine Handyrechnung nicht mehr bezahlen kann, hat ja bereits vorher kein Geld mehr.

  In wirtschaftlich schlechten Zeiten mit Rekordarbeitslosigkeit ist dieser Anstieg der privaten Insolvenzen nicht sehr verwunderlich, doch meine ich, die wahren Gründe liegen hauptsächlich an einem nicht erlernten Konsumverhalten, sowie an einer Marketingstrategie der Provider, die sich in nichts von der eines Drogendealers oder illegalen "Kredithais" unterscheidet: mit aller Gewalt werden Verträge verkauft, wobei völlig egal ist (d.h. ohne ausreichende Bonitätsprüfung), ob der Käufer überhaupt in der Lage ist, seinen Verpflichtungen finanziell nachzukommen.

  Dass hierbei mit suggestiver Werbung vorgegangen wird, ist jedoch zu verstehen, denn Werbung arbeitet immer suggestiv, andernfalls kann man sie weglassen, da sie nicht funktioniert. Das Problem ist aber gar nicht in erster Linie die Werbung, sondern die Unfähigkeit der Erwachsenen ihre Kinder vor solcher Werbung zu schützen, indem die Kinder zu "mündigen Konsumenten" erzogen werden. Und diese Erziehung beginnt bereits im Kleinkindalter.

  Ich kann nicht mehr Geld ausgeben, als ich habe - dieser Grundsatz gilt im Prinzip fürs ganze Leben. Kinder meinen (und das bewundernswert logisch), Mama braucht doch nur die Karte in den Automaten zu schieben, dann ist wieder genug Geld vorhanden, mit dem alle Wünsche wahr werden. Diesen Zusammenhang Kindern zu erklären ist absolut möglich, und hier beginnt auch bereits Entscheidendes in der Erziehung.

  Den durch die Werbung vermittelten Lifestyle kritisch zu hinterfragen und ihn mit der Lebensrealität zu vergleichen gehört genauso dazu, wie beispielsweise ein theoretisches Durchrechnen eines Kredit- oder Ratenvertrages - aber spätestens hierbei werden die Grenzen der Erziehung heute deutlich: welcher Erwachsene ist denn dazu überhaupt in der Lage, wenn die meisten selbst in Schuldenfallen tappen und dem Schein eines modernen Lifestyles erlegen sind!

Was die Eltern also (aus welchen Gründen auch immer) nicht leisten können, sollte meines Erachtens in der Schule beginnen oder fortgeführt werden. In der Tat ist es heutzutage wichtiger, sich in unserer schnelllebigen Zeit voller Verlockungen zurecht zu finden, als so manches dröge und überflüssige Wissen eingetrichtert zu bekommen.

  Bildung bedeutet nicht nur ein Herunterplappern von Daten und Fakten, sondern Bildung heißt, diese Daten interpretieren zu können. Selbstständig zu denken, analysieren - ein "Zwischen-den-Zeilen-Lesen" gehört genauso zur Bildung, wie den Gesamtblick über das Funktionieren der Gesellschaft in all ihrer Komplexität zu erlernen. Vorurteile zu erkennen bedeutet Toleranz zu leben. Bildung führt schließlich zur Kompetenz und zur Fähigkeit, Scheinwerte von echten Werten unterscheiden zu können. Ein in dieser Hinsicht gebildeter Mensch wird nicht mehr zum Opfer suggerierender Werbung, da er ihre Zusammenhänge selbstständig erkennt.

  Eigentlich ist es ganz simpel: wenn ich dem Kind vorlebe, welche Werte wichtig sind und welche nicht, und wenn ich mich später auch weiterhin um den Jugendlichen kümmere, dann wird dies zu einem guten Grundstock für die Entwicklung seines weiteren Lebens. Um das leisten zu können, erfordert es allerdings heute ein viel Mehr an Erwachsenenbildung, als es zu allen früheren Zeiten der Fall war.


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 03.06.2003 - Dienstag - "Teil 2 über die Freiheit"


Weiter im Text ;-))

  Sind Gefühle oder Gedanken denn frei? Ich behaupte mal: nein. Heutzutage weiß eigentlich jeder, dass Gefühle und Gedanken im Gehirn entstehen und vom Gehirn abhängig sind. Jede kleinste Veränderung eines ausgewogenen Chemiehaushaltes schlägt sich bereits auf das Empfinden nieder. Das kann so weit gehen, dass die gesamte Persönlichkeit durch Fehlfunktionen des Gehirnes verändert wird.

  Also ist das Denken und Fühlen schon zu Beginn abhängig von einem funktionierenden Gehirn. Wenn etwas in Abhängigkeit steht, so kann es aber nicht mehr frei sein!

Drogen  (wobei ich auch den Genuss von Musik oder das Erleben in der Natur, die Jahreszeiten usw. zähle) verändern in vielfältiger Weise die Funktionen des Gehirnes, so dass ein scheinbar unter objektiven Voraussetzungen erfahrener Gedanke unter Drogeneinfluss mitunter völlig anders ausfällt - wo ist da die Freiheit des Denkens?

  Was ist mit den krankhaften Veränderungen des Körpers (des "Chemiehaushaltes im Gehirn"), die über Jahre hinweg die Freiheit des Denkens sogar ad absurdum führen können, indem sie einen Menschen beispielsweise von einem vormals fröhlichen, gesunden und normalen Kind zu einem Selbstmörder werden lassen, der dann sogar den treibenden Zwang für sein Tun als seine "freie Entscheidung" (also sein freies Denken) begreift.

  Das Dumme am individuellen Empfinden ist, dass selbst der objektiv Kranke, der sagt, er sei Napoleon Bonaparte, auch felsenfest davon überzeugt ist.


  Bei der Annahme der Unfreiheit des Lebens, sagt die Logik, dass Teile des Lebens oder bestimmte Organe ebenfalls nicht frei sein können.

  Bei der Annahme der Freiheit des Lebens, sagt die Logik, dass auch das Denken frei sein müsste - da dies aber (wie beschrieben) nicht der Fall ist, schließt der logische Umkehrschluss eindeutig auf die Unfreiheit des Lebens.


  Wenn es denn nunmal so ist, dass es die Freiheit nicht gibt, aber wir ständig bestrebt sind, immer mehr Freiheit haben zu wollen, wäre das dann nicht paradox oder zumindest verschwendete Energie? Nein! Denn dieses Streben nach Freiheit hat auch etwas mit Macht oder mit der Verringerung von Ohnmacht zu tun. Dies kann man jetzt individuell und sozial erklären - aber in beiden Fällen tritt der Wunsch nach Freiheit immer nur dann verstärkt auf, wenn ein oder mehrere Menschen von einem oder mehreren beherrscht werden.

  Am Ende ist der Wunsch nach Freiheit nichts weiter als ein evolutionärer Erhaltungstrieb, wobei der Mensch (da er klug ist) diesen legitimen Macht-anspruch (den ganzen Egoismus, der zum Überleben in einer rauhen Natur nötig und richtig ist) als Synonym mit dem Wort Freiheit auf die Fahne schreibt.

  Nu' könnte jemand sagen, wir Menschen seien zivilisiert und eine rauhe Natur gäb's auch nicht mehr, wir bräuchten nicht zu kämpfen, da unsere soziale Ordnung uns Regeln des Miteinanders gibt. Hoho, allein seit dem 2. Weltkrieg sind mehr Menschen in Kriegen umgekommen, als in allen Kriegen vorher! Sogar im ganz kleinen Rahmen lässt sich dieser Naturtrieb belegen: jedes Wochenende wird die Polizei zu etlichen Kneipenschlägereien gerufen, bei denen es unter Alkoholeinfluss (aha! = verändertes unfreies Denken und Empfinden) ohnmächtig Fühlende gibt, die von den Mächtigen nicht mehr beherrscht werden wollen und somit prügelnd "revolutionieren". Das wäre ein Thema für sich: Verhaltensforschung - Bücher füllend! Jedenfalls zeigen diese Indizien, dass wir überhaupt nicht so zivilisiert sind, wie manche vielleicht meinen, sondern in unserem Denken, Fühlen und Handeln ganz bestimmten Trieben ausgeliefert sind. Die Evolution hat schließlich nicht den Menschen verändert, sondern ihm nur seinen Platz als Teil der Natur zugewiesen.

  Der Affe lebt in einem gleichen sozialen Gebilde wie wir, und der junge von allen anderen beherrschte aber starke Affe macht auf seinem Karriereweg bis möglichst zum Alphatier dieselben Revolutionen, wie der junge beherrschte Mensch.

  Also schließt das Lebensprinzip der Unfreiheit ein Streben nach immer mehr Freiheit nicht aus. Einleuchtend wird es, wenn wir das Wort "Freiheit" durch "Machtstellung" austauschen, der Macht über das eigene Leben selbstbestimmt oder das der anderen bestimmend zu verfügen.


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Π03.06.2003 - Dienstag - "Lebensprinzipien oder Freiheit, Teil 1"


Miss Pig erwähnt kurz die Freiheit (sicher ein unerschöpfliches Thema), und ich warte die ganze Zeit auf Gabis Antwort, die sie mir per Messenger schon gesagt hatte. Denn ich will sie kritisieren *grins*, und das weiß sie nun, und darum kommt bis jetzt nix *lol*. Freiheit ist nicht eine individuelle Definition (ein individuelles Verständnis) - denn dann gäbe es Milliarden Begriffe der Freiheit und man könnte mit dem Wort gar nichts mehr anfangen. Es gibt überhaupt keine Freiheit!

  Freiheit kann nur existieren ohne Zwänge. Sobald irgendein Zwang da ist, ist die Freiheit bereits eingeschränkt. Neben sozialen Zwängen (Regeln) gibt es immer äußere Zwänge. Am Ende schränkt unsere Körperlichkeit die Freiheit sogar ein.

  Letztlich ist der Begriff der Freiheit ein "Absolutismus", wie etwa der, der Erkenntnis. Freiheit mag eine anzustrebende Eigenschaft sein, da stimme ich gerne zu, aber weder eine Pflanze noch ein Tier und schon gar kein Mensch war, ist oder wird jemals frei sein.

  Bereits die Geburt ist der erste äußere Zwang, und ich behaupte: im weiteren Leben trifft niemand jemals eine freie Entscheidung, sondern wägt nur ab zwischen verschiedenen Möglichkeiten und entscheidet sich dann für das Angenehmste oder dem, das seinem Wesen entspricht. Dieses Wesen oder der Charakter ist wiederum ein äußerer Zwang, denn die freie Entscheidung für oder gegen einen Charakter haben wir ebenfalls nicht, da er angeboren ist.

  Soziale Regeln (Zwänge) sollten zwar regelmäßig auf ihre Tauglichkeit überprüft werden und genauso regelmäßig über Bord geworfen werden, doch dabei werden sie automatisch durch neue Regeln ersetzt. Blödes Beispiel: "Trau keinem über 30" - durch ein bewusstes Regelüberschreiten wird zugleich eine neue Regel aufgestellt.

  Kinder erleben unbewusst freiheitsähnliche anarchische Zustände - aber, und folgendes mal vorausgesetzt: da wir Teil der Natur sind, können wir nur aus der Natur wirklich lernen. Beispiel: zwei junge Baby-Tiere - sagen wir mal junge Füchse - verlassen übermütig ihren Bau und spielen und tollen ganz selbstvergessen zum ersten Mal draußen rum. Freiheit pur, würde man meinen, keine Regel, einfach nichts schränkt die Fuchs-Kinder ein. Plötzlich kommt ein Raubvogel daher und schnappt sich eines der beiden und frisst es auf. - Das übriggebliebene Junge hat einen ersten bewussten Zwang erlebt, und zwar den der Vorsicht vor Raubvögel. Die wirkliche Freiheit hat sich aber als nicht überlebensfähig herausgestellt.

  Das war nur ein theoretisches Beispiel, denn die Fuchs-Mutter wacht ja über ihre Kleinen und zeigt ihnen i.d.R. rechtzeitig diese Zwänge.

  Genauso wichtig ist es, Kinder zu erziehen. Um als Erwachsene im Leben zurecht zu kommen, bedingt es bereits einer mindestens minimalen Erziehung. Und das beinhaltet bereits eine Einschränkung der Freiheit.

  Bon, demnach ist es sogar gut, richtig und nötig, nicht frei zu sein!

Ich behaupte mal kackdreist: das Wesen jeglichen Lebens ist die Sehnsucht und das Bestreben nach möglichst viel Freiheit - aber gleichzeitig eben auch die Unfreiheit als Lebensprinzip.


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Π27.05.2003 - Dienstag - "Reale Welten"


Engelbert beschreibt (26.05.03 unten) etwas, was eigentlich sogar ein großes Thema ist. Inwieweit hat das Internet die Kommunikation mit anderen Menschen beeinflusst?

Ich glaube, das ist nicht ganz so einfach auf einen Nenner zu bringen, ist zwiespältig und sollte sehr differenziert betrachtet werden.

  Bei dem, was Engelbert sagt, gebe ich ihm völlig recht, aber ich mache keinen Unterschied zwischen der "realen Welt" und Onlinekontakten, denn beides machen Menschen, somit ist beides die reale Welt.

  Irgendwo las ich letztens in einem Kommentar: "von wegen, das Internet macht einsam, ich habe noch nie so viel Menschen kennen gelernt..." (sinngemäß) - und das stimmt, kann das Internet doch Entfernungen überbrücken und somit weltweit in Jetztzeit Kommunikation ermöglichen - und zwar mit Menschen, denen ich niemals begegnet wäre.

  Engelbert meint jedoch, dass die Unterhaltungen bei persönlichen Begegnungen oft oberflächlicher seien, als die virtuellen "Internetgespräche". Zu einem großen Teil stimmt das sicher ebenfalls und liegt an verschiedenen Faktoren: zum einen gab es schon immer die Menschen, die sich mit SmallTalk begnügen oder die sich durch materielle Dinge definieren. Zum anderen hat aber auch nicht jeder ausgerechnet dann Lust und Muße sich intensiver zu unterhalten, wenn ich es ausgerechnet will oder wenn wir uns dann mal treffen. Auch das nicht intensive Gespräch hat seinen Sinn und seine Berechtigung!

  Die meisten Leute geben sich nicht, wie sie in Wahrheit sind, leben mit Masken und Mauern und zwar gleichgültig wo du sie triffst. Da gibt es keinen Unterschied zwischen dem Web oder einer Kneipe usw. - jeder bleibt erst mal wie und was er ist bzw. auch vorher war. Dadurch ist es natürlich viel schwieriger ohne Internet die paar wenigen - ich sag mal "authentischen Menschen" im realen Leben zu treffen - wir sind zeit- und ortsgebunden. Das Internet sprengt nun diese Zeit- und Ortsgrenzen und macht es dadurch natürlich viel einfacher, auf Menschen eigener "Strickart" zu stoßen.

  Ein Beispiel: wer in den 60er Jahren in einem Dorf lebte, hatte nur die Möglichkeit durch Vereinsmitgliedschaften und/oder Kneipenbesuchen andere zu treffen - Gesprächsthemen gab's mitunter nur, wer welches neue Auto besaß, dies und das an materiellen Dingen, wer nicht in die Kirche ging usw.. Ehrliche tiefere Gespräche waren nicht möglich und wenn, dann vielleicht nur zu einem Gleichgesinnten, einem Freund. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass solche dörflichen Strukturen noch bis Ende der 70 Jahre so oder so ähnlich vorhanden waren, und wenn du nicht irgendwann verblöden wolltest, musstest du raus in die Welt! Das hat dann Vor- und Nachteile.

Ein Vorteil ist sicher die Bewegung: du musstest dich bewegen, etwas entscheidendes in deinem Leben tun. Du triffst überall in fremden Städten Gleichgesinnte, und Reisen bildet in der Tat - nicht allein dein Wissen, deine Persönlichkeit.

  Ein Nachteil früher wäre dann gegeben, wenn du eine Familie mit Kindern hast und aus materiellen oder sonst wie gearteten Gründen nicht deine Reisetasche packen kannst. So waren einige Leute früher immer in solch stumpfsinnigen Dorfgemeinschaften gefangen, und um dort überleben zu können, mussten sie sich entweder anpassen oder sie wurden zum gehassten Außenseiter.

Das Internet bricht diese Strukturen völlig auf! Aber nicht allein das Internet, schon vorher, seit Beginn der 80er Jahre erweiterten sich die Massenmedien und Massenkommunikationsmittel, was dazu führte, dass neben dem Wissen um Andere, neben der Information auch die Kommunikation mit Anderen vielfältiger wurde. Ich behaupte einmal kühn, dass diese Entwicklungen immer zu einer persönlichen und gesellschaftlichen Befreiung führen. Ohne Massenmedien und Masseninformation, ohne beginnende neue Kommunikation wäre der Pfaffe XY in einem katholischen Nest immer noch tonangebend - und sogar die Bürgerrevolution der Wende wäre so in der Form nicht möglich gewesen.

  Das Internet mit seinen Möglichkeiten zur Kommunikation darf man dabei aber nicht isoliert betrachten, denn es ist lediglich ein Teil einer technischen Revolution der Kommunikation (Stichworte: Freigabe der Lizenzen für TV und Radio an private Anbieter, Satellitenempfang, Live-Übertragungen, Freigabe des CB-Funknetzes an jedermann, Preisrückgang für technische Geräte und Tarife der Kommunikation, mobile Telefonie, Internet - dazu gehört aber ebenfalls, dass man sich seit den 70ern in Westdeutschland Autos leisten konnte und damit der Begrenzung der dörflichen Kommunikation entkommen konnte - ich sag ja, es ist ein sehr komplexes Thema mit ganz vielen Facetten).

  Um auf Engelberts These zurückzukommen :-))

  Viele, die sich nur aus dem Web kennen, treffen sich dennoch irgendwann im "realen Leben" (Chattertreffen u.ä.) oder telefonieren miteinander. Dass im persönlichen Umfeld eventuell keine Leute existieren, mit denen man tiefere Unterhaltungen führen kann, ist deshalb heute angesichts dieser neuen Möglichkeiten bedeutungslos!

  Übrigens, ich schreibe die ganze Zeit über den geistigen Austausch, die Kommunikation mit Gleichinteressierten oder Gleichgesinnten, nicht aber über das menschliche Miteinander, zu dem natürlich noch einiges mehr gehört.

  Wie real das Internet ist, zeigt sich doch auch, da ich dort Gabi kennen gelernt habe und wir in ein paar Wochen samt Kind und Kegel sogar zusammen leben werden!

Oder aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtet ein einleitender Satz bei polyplux von 2001: "Die virtuelle Welt, ein Abtauchen in die Tiefen des Cyberspaces, digitalisierte Gedanken, Bits & Bytes der Gefühle, Plugins im Memorychip der Illusionen, visuell, akustisch, real erLEBT im REALleben - plux"  ;-))


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Œ 29.04.2003 - Dienstag - "Eine Frage über die Liebe"


Martine fragt, wie weit würdest du für die Liebe gehen? Interessant aber umfangreich für viele Bände dicker Bücher ;-)

  Naja, ich sehe es sehr ähnlich, indem erst mal klar sein sollte, was wer unter Liebe versteht bzw. wie sie verstanden wird. Oft wird sie mit einer Sucht verwechselt ("ich kann ohne dich nicht leben"), und für die Befriedigung seiner Sucht macht ein Junkie schlichtweg alles bis hin zur Selbstaufgabe.

  Wer alleine nicht leben kann, sich einen Menschen als "Krücke" das eigene Dasein auszuhalten "hält", liebt sicher nicht, sondern benutzt. Ganz bestimmt hat Liebe nichts mit Egoismus zu tun.

Gibt es verschiedene "Lieben"? Verschiedene Arten zu lieben? Nein, ich meine, nicht, denn Liebe ist ein absoluter Begriff (wie "Wahrheit", "Erkenntnis" usw.) und beinhaltet alles ("... sie ist, was sie ist", E. Fried).

  Wie sieht es denn mit der Liebe zum eigenen Kind aus? Wird, aus welchen Gründen auch immer, das Kind zu einem Verbrecher, dann besuche ich es doch sogar im Gefängnis; ich liebe mein Kind nach wie vor. Liebe ist demnach bedingungslos. Ab welcher verbrecherischen Tat würde ich mein Kind verstoßen und es nicht mehr lieben?

  Ich frage erneut: ist die Liebe zu einem Partner unter diesen Gesichtspunkten nun doch etwas anderes? Nein, meine ich, aber man sieht, dass 90% aller Partnerschaften eben nicht auf Liebe gebaut sind, da sie schon bei kleineren verbrecherischen Verfehlungen beendet werden.

  Liebe hat auch nichts mit Sexualität zu tun, meine ich, trotzdem trennen sich mitunter Menschen bei Problemen in diesem Bereich. Die Liebe wird facettenreicher mit Sex, aber ohne dürfte es nichts an der Liebe rühren. Denn Liebe hat nichts mit Bedürfnisbefriedigung zu tun (wie gesagt, sie ist nicht egoistisch).

  Also, kurz zusammengefasst: ich liebe mein Kind und meinen Partner, dh. grundsätzlich kann ich mehrere Menschen lieben. Kann ich auch mehrere Partner lieben?


  Moment...! Hier stimmt doch etwas nicht! Ein ganz neuer gedanklicher Ansatz :-)


  Was ist eigentlich die Liebe zum eigenen Kind? Die Tiermutter fühlt genauso: solange die Jungen hilflos sind, beschützt sie ihre Kleinen bis zur Selbstaufgabe. Das ist eine "biologische Liebe" - oder eben gar keine Liebe, sondern lediglich ein biologischer Trieb zur Erhaltung der eigenen Art. Wenn die Tierkinder erwachsen geworden sind, erkennt die Mutter sie nicht einmal mehr als ihre Kinder - und falls sie es erkennt (bei einigen höher entwickelten Tieren), behandelt sie ihre Kinder aber nicht mehr fürsorglich, sondern manchmal sogar im Extremfall als Konkurrenten, die es auszuschalten gilt.

  Unter Liebe wird neben der Sucht auch sehr oft die biologische Fürsorge missverstanden.

Nochmal eine kleine Zusammenfassung: Liebe ist etwas anderes, als die Liebe zu Kindern, stellvertretenden Tieren und Menschen, als die Liebe zum Partner, der einem hilft zu leben und als etwas Bedingendes. Was ist sie denn dann überhaupt? ;-))


Ist Liebe vergänglich? Wie kann das denn sein, wenn sie doch absolut ist? Also, ich habe bei jeder Beantwortung eine Hand voll mehr Fragen :-))

  Am Ende ist die Liebe zu einem Partner vielleicht ein Ideal (bei uns in der Zeit der Romatik entstanden aber in weiten Teilen der Welt in der Form völlig unbekannt) und die Liebe zum Kind rein biologischer Instinkt.


  Oh, ich höre schon den vehementen Einspruch :-))


  A. Was ist dann Kindesmisshandlung, wenn doch die Liebe zu den Kindern biologisch sei?

Einfach zu erklären: 1. ist "Kindesmisshandlung" ein von uns definierter Begriff, der je nach Zeit und Kultur sehr unterschiedlich ausfallen wird. 2. gibt es das bedingt auch in der Tierwelt, wenn etwa ein Alphatier sich fortpflanzen will, so tötet es die Kinder des vorherigen Aphatieres (Löwen), dasselbe fand zuhauf im Alten Testament und in uralten Kulturen statt, was als Indiz der Richtigkeit meiner These durchaus ernst zu nehmen ist. 3. Menschen leben nicht mehr mit der Evolution: psychisch Kranke, die in der reinen Evolution keine Chance zu Leben hätten (aufgrund ihrer Verhaltesstörungen sich nicht in einer Gesellschaft durchsetzen könnten), erlauben wir dennoch Kinder zu bekommen, die sie dann misshandeln. Durch unser unnatürliches Leben entstehen bei uns auch unnatürliche (Kindesmisshandlung) Verhaltensweisen.

  B. Jeder Ausdruck von uns Menschen (Kunst, Philosophie usw.) ist nichts anderes, als unser Versuch, unsere eigene biologische Existenz zu erklären. Nicht anders würde ein Tier denken, wenn es denken könnte.

  C. Glaube, Mystik usw. sind logische Konsequenzen, die entstehen, wenn ein Tier "Mensch" seiner Identität bewusst wird aber die Fragen des Woher und Wohin nicht beantworten kann. Hier gibt es dann, wie in der Mathematik, "Lückenfüller", die statt "X" "Gott" einsetzen. Und Gott oder Liebe sind beides Ideale, die auf der selben Stufe anzusiedeln sind - nämlich als Ideale.


  Was es denn dann ist, was ich für Gabi empfinde und umgekehrt - das weiß ich nicht, es ist so mächtig und groß und allumfassend, dass ich es als Liebe bezeichne - aber nur deshalb, da ich es nicht ausdrücken oder vernünftig beschreiben kann und als eine Art Oberbegriff das Wort Liebe draufsetze. Aber vielleicht ist unser Empfinden ja etwas ganz anderes, vielleicht etwas, für das es gar kein Ideal, keinen Begriff usw. gibt!

  Ich meine, wir sollten uns alle doch ruhig mal von dem Begriff der Liebe lösen, statt den unendlichen Definitionen immer und unbedingt entsprechen zu wollen! Lassen wir doch einfach diesen Liebesbegriff weg und versuchen zu erklären, was wir füreinander empfinden. Damit würde sich von selbst individuell die Frage nach dem "wie weit würde ich gehen" und dem "warum und wieso überhaupt" beantworten.


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Œ 19.02.2003 - Mittwoch - "[...] Träume"


[...]

Was sind Träume? Warum träumen wir? Lässt sich im Traum die Zukunft deuten? Als Antwort auf die letzte Frage sage ich klar und deutlich: Nein.

  Herr Müller träumt genauso, wie wir alle, aber es ist ihm noch nie gelungen, im Traum zu erfahren, wann er welche Wurst von mir bekommen wird, da ich nämlich selbst noch nicht weiß, wann ich ihm welches Leckerchen geben werde. Müllerchen ist demnach abhängig von mir und meinem Handeln in der Zukunft.

  Nein, im Ernst, wir träumen allein deshalb, um die Millionen Eindrücke des Tages im Gehirn zu verarbeiten.

  Die Wahrnehmung filtert nur einen winzigen Bruchteil aus allen Tageseindrücken für uns heraus. Unbewusst trennen wir dabei wichtiges von Unwichtigem. Das geschieht tagsüber und natürlich auch im Schlaf. Das Gehirn arbeitet 24 Stunden lang.

  Mach doch mal einen ganz einfachen Test: schaue eine Sekunde irgendwohin. Dann mach die Augen zu und sage, was du gesehen hast. Danach öffne die Augen und schaue, was wirklich alles dort zu sehen ist. Du wirst etliche Details erkennen, die du in der einen Sekunde nicht wahrgenommen hast. Aber trotzdem haben deine Augen alles gesehen. In einem Bruchteil dieser Sekunde hat dein Gehirn das Gesehene gefiltert. Dabei sind die unwichtigen Details in einen Teil des Gehirnes gelandet, der zum Löschen freigegeben wird. Quasi vergleichbar mit dem Arbeitsspeicher des Computers. Beim zweiten Mal des Augenöffnens und beim Erkennen der zuerst "übersehenen" Details werden diese vormals unwichtigen Details wichtig, da sie nun deine ausdrückliche Beachtung erlangen. Jetzt werden sie aus dem "Arbeitsspeicher" zu langfristigen Erinnerungen abgespeichert. Denke Morgen oder nächste Woche noch mal an diesen Test, und du wirst sehen, dass dein intensiver Blick als Bild oder Bilder nach wie vor vorhanden ist.

  Dennoch geschieht es, dass manche als unwichtig gefilterten Dinge, nicht aus dem "Arbeitsspeicher" gelöscht werden, sondern in unseren Langzeitspeicher geraten. Dort sind neben unseren Erinnerungen eben auch eine Fülle "vergessener Sachen" abgespeichert. Sie werden uns dann erst bewusst, wenn sie in Verknüpfung mit anderen Erinnerungen geraten. Das Gehirn arbeitet stark mit Verknüpfungen. So können Geübte sich beispielsweise ellenlange Zahlenreihen merken, indem sie bildliche Verknüpfungen machen und über ein Bild zur Zahl gelangen.

  In unserem Alltag nehmen wir heute eine gigantische Menge an Eindrücken und Bildern auf auch aus beeindruckenden Filmen, Büchern usw., in denen selbst deren Bilder bereits voller Fantasie verfremdet sind. So kann es Verknüpfungen in unendlicher Variation geben, Gerüche erinnern an bestimmte Filmszenen, die wiederum mit ganz anderen Bildern verknüpft werden, und dieser gesamte Mischmasch begegnet uns mitunter in einer surrealen Traumsequenz, die wiederum mit neuen Eindrücken neue Verknüpfungen schafft.

  Zusätzlich werden in Träumen auch Probleme, Erlebtes, Wünsche usw. verarbeitet. Das führt zu Symbolen, die beispielsweise Unaussprechliches oder Ängste ausdrücken, die direkt zu benennen wir aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind.

All dies kann zu Traumbildern führen, bei denen wir meinen, sie noch nie zuvor gesehen zu haben, dabei sind sie vielleicht schon Jahre in unserem Gehirn vorhanden oder vielleicht eine neue Kombination verschiedener anderer Bilder.

  Manchmal haben wir bereits unbewusst oder instinktiv bestimmte Entscheidungen für unser Leben getroffen, die uns aber erst im Traum bewusst werden, so dass mancher meint, der Traum habe ihn zu seiner Entscheidung geführt, in Wahrheit hat aber die bereits vorhandene Entscheidung zum Traum geführt.

J  e sensibler jemand ist, um so subtiler erreichen ihn verschiedene Informationen. Es gibt Urinstinkte, über deren Vorhandensein wir nicht einmal bescheid wissen, die aber unbewusst wirken und oft ebenfalls in Träumen verarbeitet werden, somit dort ihren Ausdruck finden. Handelt beispielsweise jemand nach seinem Traum, und er empfindet ihn vielleicht als eine Warnung, handelt er dabei in Wirklichkeit oft nach seinem Instinkt, der bereits unbewusst vorher gewarnt hat und diese Warnung mittels des Traumes erkennbar macht. In einem solchen Fall denken Viele, sie haben einen Blick in ihre Zukunft geworfen, dabei sind sie nur etwaigen Urinstinkten gefolgt.

  Ähnlich geschieht es auch mit den Vorahnungen, und ganz interessant sind DejaVu's, kurze Tagträume, in denen die Zeit und die Bilder der Realität mit denen des Traumes vermengt sind. Man bekommt den Eindruck, man hätte eine bestimmte Situation oder ein bestimmtes Ereignis schon einmal erlebt, dabei wird lediglich die Wahrnehmung gestört. In dem Moment, in dem die Realität unbewusst und blitzschnell wahrgenommen wird, vermischt sie sich in einem Tagtraum. Sekundenbruchteile werden dort zu dem Gefühl erlebter Minuten.

  Überhaupt ist das Zeitempfinden im Traum eines der faszinierendsten Erscheinungen. So ist es möglich, in ein paar Sekunden eines Traumes, ein ganzes Leben vorzugaukeln. Vielleicht - und das wäre für mich das einzige bis heute noch Unerklärbare - erleben wir durch die Relativität der Zeit in Träumen tatsächlich eine Art Urzustand des Seins und des Kosmos, denn vielleicht ist die Zeit oder das Zeitempfinden der Schlüssel zur Erkenntnis. Aber selbst sie wäre am Ende dann rational und logisch.

  Jeder Traum kann somit recht einfach gedeutet und erklärt werden. Man muss lediglich die eigene Symbolik entschlüsseln und tief in sich hineinsehen, Verknüpfungen der Realität des Vergangenen und der Gegenwart bestimmten Bildern zuordnen und seine Intuition als rasante Rechnung aus Instinkt und persönlicher Erfahrung verstehen lernen.

  Ich möchte niemandem die Mystik nehmen und bin sicher, dass neben aller Rationalität, Träume immer ihren ureigenen Zauber behalten werden, doch ich wehre mich vehement gegen jeden esoterischen Aberglauben: wir können Träume natürlich genießen und unsere Fantasie spielen lassen, aber wir dürfen ihnen nicht eine übernatürliche Bedeutung zusprechen, die sie definitiv nicht haben.


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Π04.02.2003 - Dienstag - "Blickwinkel"


Mit einer gewalttätigen Welt, in der Egoismus als Tugend gepredigt wird (übrigens nicht zu verwechseln mit "lebe deinen Traum"!) und der Kommerz einen religiösen Status erhält, in der die Geschwindigkeit des Lebens kaum noch zu bewältigen ist, können oder wollen viele Menschen einfach nicht mehr Schritt halten.

  Aber trotzdem war das zu allen Zeiten so!

  Der Buchdruck wurde anfangs verteufelt, da er unübersehbare Folgen der Meinungsverbreitung mit sich führte, die Revoluzzer "Rolling Stones" wurden zu Multimillionären und das Leben und Sterben Lady Di's war ein halbes Jahr lang Thema Nummer Eins.

  Die Gewalttätigkeit des Mittelalters blühte in mindestens gleichgroßer Brutalität und Ungerechtigkeit wie heute, und die Dampfmaschine erhielt als Höllenmaschine sogar Einzug in unsere klassische Literatur.

  "Bild" macht keine Meinung und hat keine Macht (für eine Gesellschaft, nicht unbedingt für einen einzelnen Döskopp), selbst da nicht, als Springer persönlich mit Adenauer sich anlegte und nach Moskau fuhr, um seine eigene Politik für Deutschland umzusetzen. Und wenn der "Spiegel" jahrzehntelang von der Gefahr der Macht der Presse für die Meinungsbildung schreibt, unterschlägt er erstens seine eigenen kommerziellen Interessen und zweitens den Versuch der Machtausübung seines eigenen Herausgebers in den 60ern. Natürlich immer nur zum Wohle der Gesellschaft - was ist das Wohl einer Gesellschaft?

  Nein, die Medien verändern keine Gesellschaft, sondern sie sind lediglich ihr Spiegel-Bild!

Jede Gesellschaft benötigt ihre Symbole und Menschen, die stellvertretend für etwas stehen: ob Politiker, Adel, Promis, ob Mutter Theresa oder Martin Luther King, ob Abenteurer oder Pioniere. Und wie 1911 das tragische Schicksal Scotts beim Wettrennen mit Amundsen zum Südpol unsere Großelterngeneration bewegte, so geschieht es heute mit den Pionieren der Columbia. Das hat nichts mit weniger Wert anderen Lebens zu tun.

  Hingegen über den "Wert" kreischender Teenies vor dem Big-Brother-Haus oder dem Haus der Superstars zu schreiben, ist genauso müßig, wie über die "Beatlesmania" in den 60ern.

  Sensationsgeilheit gab es bei Hexenverbrennungen genauso, wie bei heutigen Amokläufen eines Schülers. Kriegslust, Kriegsbegeisterung und am Krieg verdienen (Brecht, Mutter Courage) gab es ebenfalls zu allen Zeiten, ebenso wie die Friedenssehnsucht der Älteren, nämlich Überlebenden der Kriege - man lese nur einmal Ulrich Bräker (1735 - '98) oder die fast surrealen Kriegsschilderungen Gustav Sacks, dem es leider nicht vergönnt war, wie so vielen genialen Künstlern dieser Epoche, den 1. Weltkrieg zu überleben.

  Geschichte wiederholt sich alle paar Generationen, die Entwicklung ist dabei  eher linear zu verstehen.

  Wir sind halt nicht perfekt und werden es auch nie sein. Wir nehmen all unsere Unvollkommenheit und Probleme mit auf jeden Kontinent dieser Erde und zukünftig meinetwegen auf jeden besiedelten Planeten. Na und? Was ist so schlecht daran? Es ist doch gerade die Zerrissenheit unserer Existenz, das Hin und Her zwischen Gut und Böse, das uns erst als Menschheit ausmacht.


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Œ 03.01.2003 - Freitag - "Charakter und Persönlichkeit"


Gabi schreibt (u.a. in ihrem Gästebuch) über den Charakter des Menschen. Und ich gebe hier dann mal meinen Senf dazu *g*.

  Der Charakter ist das Grundgerüst einer Persönlichkeit aus angeborenen und erworbenen Eigenschaften. Die Persönlichkeit verändert sich ein ganzes Leben lang, jedoch ist diese Veränderung vom jeweiligen Charakter abhängig. Der Charakter eines Menschen ist irgendwann nach der Pubertät "fertig", d.h. nicht der Mensch aber das Grundgerüst seiner Persönlichkeit.

  Um es stark vereinfacht zu erklären, stelle dir die 4 großen Charaktere nach Hippokrates vor:


- der Sanguiniker, ein lebhafter, lebensbejahender,

- der Phlegmatiker, ein eher ruhiger, ein wenig schwerfälliger,

- der Choleriker, ein reizbarer, jähzorniger,

- der Melancholiker, ein pessimistischer, schwermütiger Typ.


  Na klar sind das statische Charakterzüge, die in Reinform nicht möglich sind. Wir alle sind eine Mischung aus ihnen mit mehr oder weniger jeweiliger Anteile. Das zusätzlich im Leben Erlernte oder Erfahrene wird also im Resultat  - und somit erst als ganze Persönlichkeit - je nach Typ unterschiedlich ausfallen.

  Das heißt, die selben Erfahrungen werden je nach Charakter unterschiedlich bewertet und führen unter Umständen zu verschiedenen Ergebnissen. Am Ende gibt es zwar durchaus gleiche Charaktere aber in ihrer Kombination und Wechselwirkung mit dem Gelernten und Erfahrenen (dem Leben halt), niemals gleiche Persönlichkeiten.

  Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass bestimmte Verhaltensweisen, die aufgrund des Charakters entstehen, nicht änderbar sind, sondern nur diejenigen, die aufgrund der Persönlichkeitsentwicklung entstehen bzw. entstanden sind.

  Wenn es dennoch versucht wird, wie uns viele erschreckende Beispiele der Psychologie und Psychiatrie aus den letzten Jahrzehnten vor Augen führen, dann wird der Mensch quasi gebrochen. Denn ohne seinen eigenen Charakter kann keine Persönlichkeit entstehen.


  Es ist jetzt früher Morgen. Und ich hab keine Lust E-Mails zu beantworten, also wird's nun ein wenig philosophischer, wozu so'n Tagebuch ja bestens geeignet ist  ;o))


  Nietzsche meinte: Die Gipfel von Geist und Charakter sind mitunter nicht beiein-ander. Genau, denn auch Gesellschaften pfuschen am Charakter der Menschen herum.

Man braucht nur Thomas und Heinrich Mann zu lesen, um zu begreifen, wie bestimmte restriktive Gesellschaftsordnungen systematisch Menschen zu Krüppeln ihrer Selbst erziehen, indem sie bestimmte Charakterausbildungen unterdrücken. Das Ziel solcher Gesellschafts-Oberen* ist nie der freie Mensch, sondern ein Heer an Marionetten ohne Rückgrat, um damit eigene egoistische Ziele zu verfolgen und die Marionetten am Ende dann stets als Kanonenfutter zu missbrauchen.

Oh, zu weit ausgeholt? Nene, wer heute Selbstmordattentäter züchtet, der kann das nur, indem er an Charaktereigenschaften junger Menschen, mit noch nicht vollständig ausgebildeten Charakteren, herummanipuliert.

  Die Gipfel von Geist und Charakter sind mitunter nicht beieinander, ist eine Beschreibung für charakterlose (also demnach auch persönlichkeitslose) Menschen - und wie ich versucht habe zu erklären, verliert man nicht einfach so seinen Charakter und dadurch seine Persönlichkeit, sondern die Ursache dafür kann i.d.R. nur von außen stammen - also beschreibt Nietzsche mit diesem Satz, mit dieser Kritik ein Phänomen seiner Zeit.


  * Wie kann eine handvoll Oberer aber Millionen Menschen manipulieren, so dass am Ende die gesamte Gesellschaft sich selbst dahingehend manipuliert und kontrolliert?

Ganz einfach, Bert Brecht sagt es sehr anschaulich:


  "Wenn die Haifische Menschen wären", fragte Herrn K. die kleine Tochter seiner Wirtin, "wären sie dann netter zu den kleinen Fischen?"

  "Sicher", sagte er. "Wenn die Haifische Menschen wären, würden sie im Meer für die kleinen Fische gewaltige Kästen bauen lassen, mit allerhand Nahrung drin, sowohl Pflanzen als auch Tierzeug. Sie würden sorgen, dass die Kästen immer frisches Wasser hätten, und sie würden überhaupt allerhand sanitäre Maßnahmen treffen. Wenn zum Beispiel ein Fischlein sich die Flosse verletzen würde, dann würde ihm sogleich ein Verband gemacht, damit es den Haifischen nicht wegstürbe vor der Zeit.

  Damit die Fischlein nicht trübsinnig würden, gäbe es ab und zu große Wasserfeste; denn lustige Fischlein schmecken besser als trübsinnige.

  Es gäbe natürlich auch Schulen in den großen Kästen. In diesen Schulen würden die Fischlein lernen, wie man in den Rachen der Haifische schwimmt. Sie würden zum Beispiel Geographie brauchen, damit die großen Haifische, die faul irgendwo liegen, sie finden könnten.

  Die Hauptsache wäre natürlich die moralische Ausbildung der Fischlein. Sie würden unterrichtet werden, dass es das Größte und Schönste sei, wenn ein Fischlein sich freudig aufopfert, und dass sie alle an die Haifische glauben müssten, vor allem, wenn sie sagten, sie würden für eine schöne Zukunft sorgen. Man würde den Fischlein beibringen, dass diese Zukunft nur gesichert sei, wenn sie Gehorsam lernten. Vor allen niedrigen, materialistischen, egoistischen und marxistischen Neigungen müssten sich die Fischlein hüten und es sofort den Haifischen melden, wenn eines von ihnen solche Neigungen verriete.

  Wenn die Haifische Menschen wären, würden sie natürlich auch untereinander Kriege führen, um fremde Fischkästen und fremde Fische zu erobern. Die Kriege würden sie von ihren eigenen Fischlein führen lassen. Sie würden die Fischlein lehren, dass zwischen ihnen und den Fischlein der anderen Haifische ein riesiger Unterschied bestehe. Die Fischlein, würden sie verkünden, sind bekanntlich stumm, aber sie schweigen in ganz verschiedenen Sprachen und können einander daher unmöglich verstehen. Jedem Fischlein, das im Krieg ein paar andere Fischlein, feindliche, in anderer Sprache schweigende Fischlein tötete, würden sie einen Orden aus Seetang anheften und den Titel Held verleihen.

  Wenn die Haifische Menschen wären, gäbe es bei ihnen natürlich auch eine Kunst. Es gäbe schöne Bilder, auf denen die Zähne der Haifische in prächtigen Farben, ihre Rachen als reine Lustgärten, in denen es sich prächtig tummeln lässt, dargestellt wären. Die Theater auf dem Meeresgrund würden zeigen, wie heldenmütige Fischlein begeistert in die Fischrachen schwimmen, und die Musik wäre so schön, dass die Fischlein unter ihren Klängen, die Kapelle voran, träumerisch, und in allerangenehmste Gedanken eingelullt, in die Haifischrachen strömten.

  Auch eine Religion gäbe es da, wenn die Haifische Menschen wären. Sie würden lehren, dass die Fischlein erst im Bauch der Haifische richtig zu leben begännen.

  Übrigens würde es auch aufhören, wenn die Haifische Menschen wären, dass alle Fischlein, wie es jetzt ist, gleich sind. Einige von ihnen würden Ämter bekommen und über die anderen gesetzt werden. Die ein wenig größeren dürften sogar die kleineren auffressen. Das wäre für die Haifische nur angenehm, da sie dann selber öfter größere Brocken zu fressen bekämen. Und die größeren, Posten habenden Fischlein würden für die Ordnung unter den Fischlein sorgen, Lehrer, Offiziere, Ingenieure im Kastenbau usw. Kurz, es gäbe überhaupt erst eine Kultur im Meer, wenn die Haifische Menschen wären."


  Da bin ich aber heilfroh, dass ich ein Fischlein gefunden habe, das bereits mit fertigem Charakter den vielen Haifischen trotzt, die da nämlich immerzu angeschwommen kommen und dies und das zum angeblichen Wohle meines Fischleins meinen...


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Ž 11.12.2002 - Mittwoch - "Geld und Logik"


Es gibt das allseits beliebte Argument, Politiker müssen viel Geld bekommen, damit somit einer möglichen Bestechlichkeit vorgebeugt wird.

  Moment mal, das hieße doch in logischer Konsequenz, man gibt dem potentiellen kriminellen Einbrecher viel Geld, damit er seine Tat nicht ausübt.

  Bestimmte andere Berufsgruppen verdienen ebenfalls einen Haufen Geld. Gerechtfertigt wird es jeweils mit deren Verantwortung.

  Momentchen mal, kann Verantwortung in unterschiedliche Gewichtigkeit aufgeteilt und unterschiedlich honoriert werden? Wohl kaum, es ist wie mit dem Begriff der Moral oder noch deutlicher dem Tod: ein toter als tot gibt es nicht, ein einzigstes ebenfalls nicht - bestimmte Begriffe sind nicht steigerungsfähig. Somit gibt es nur die Verantwortung oder eben keine Verantwortung aber nicht ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger Verantwortung.

  Heißt das nun, dass Berufsgruppen, die wenig Geld verdienen, verantwortungslos arbeiten? Natürlich nicht, aber es zeigt, dass die oftmals vorgebrachte Argumentation (als Begründung für Reichtum) nicht stimmt.

  Ich möchte nicht missverstanden werden, neide niemandem sein Geld. Ich schreibe von der Logik - demnach sollten nämlich alle, die Verantwortung in ihrem Beruf haben, viel Geld verdienen.

Also, noch mal deutlich, logisch ist es nicht begründbar, weshalb einige immer reicher werden und die Mehrheit immer ärmer. Das kann man auf Deutschland beziehen oder aber global sehen. Natürlich habe ich hierbei keine Patentlösung parat, ich frage hingegen, was passiert, wenn diese Schere zu weit auseinander geht.

  Revolution? Wahrscheinlich, denn wenn 9/10 einer Bevölkerung immer ärmer werden aber 1/10 immer reicher, dann werden die 9/10 irgendwann aufstehen und sich gewaltsam ihren Teil des Reichtums aneignen. Dieser Mechanismus ist in der Geschichte ja mehrfach so belegt, selbst die größte Bewaffnung hatte niemals Revolutionen aufhalten können.

  Logisch betrachtet sollte es also im eigenen Interesse der Reichen liegen, dass es keine Armut gibt! Für Deutschland bedeutet es, dass wir eine Politik der sozialen Gerechtigkeit benötigen und dass der Gedanke der Solidarität vor dem des Egoismus zu stehen hat. Dies geschieht ansatzweise heute in unserem Land in der Gesundheitspolitik, wobei nur fraglich ist, inwieweit unsere Ministerin der Ärzte- und Pharmalobby die Stirn bieten kann.

  Weltweit sieht es sehr ähnlich aus, nicht Pfründe, sondern Entwicklung sollten Leitgedanken der Politik sein, denn die Logik sagt klar und deutlich, dass Reichtum nur von Dauer ist, wenn er gerecht verteilt wird.


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Œ 05.11.2002 - Dienstag - "Manöverkritik"


Heute gibt's nichts Neues. Nur so viel zu den Mathematikern ;-)  Bei meinem gestrigen "Lotto-Beispiel" meinte ich nicht die Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Gewinnes (sie liegt bei 1 zu ca. 14 Mio. für 6 Richtige), sondern die Berechnung der Bewegungen der Kugeln in der Lostrommel, um dadurch die nächsten Zahlen als Ergebnis vorherzusagen. Doch diese Berechnung wird durch unendliche Möglichkeiten in unendlichen Variationen eben unmöglich gemacht, wie auch der berühmte Flügelschlag eines Schmetterlings, der die perfekte Wetterprognose zunichte machen kann. Aber genau diese Erkenntnis ist eben Teil der Logik, wie die Mathematik ebenfalls (Logik = Folgerichtigkeit des Denkens, Zwangsläufigkeit).

  Also die Logik ist keine trockene Materie, wie sie uns vielleicht seit Mr. Spock und den Vulkaniern beigebracht wird, sondern sie schließt natürlich auch Unsagbarkeiten und alle Gefühle mit ein.

Es soll ja Menschen geben, die die Existenz der Vulkanier tatsächlich für real halten - was als Kompliment für Gene Roddenberry anzusehen ist, hat er doch bloß die evolutionär einzige besondere Fähigkeit des Menschen extrahiert, um sie einer fiktiven neuen Rasse ebenfalls als Prinzip anzueignen - genial gemacht, würd ich sagen *megalol*.


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Π04.11.2002 - Montag - "Fortsetzung von gestern - Was ist Schicksal?"


Letzte Nacht war gut für meine Konzentration. Ich habe tatsächlich etwas Ordnung in meine Gedanken bringen können, was die Frage nach dem Schicksal betrifft. In meiner Seele schlagen ja zwei Herzen: das des Mystikers und das des Rationalisten. Heute bin ich mal der Ratio verpflichtet :-))

  Also grundsätzlich meine ich, der Begriff Schicksal wird zu oft für verschiedene Dinge benutzt. Es gibt das Schicksal, dann schicksalhafte Dinge, den Zufall, die Wahrscheinlichkeit und die Logik.


  1. Schicksalhafte Dinge: Wenn sich zwei Menschen treffen, aus welchen Gründen auch immer, und aus dem Treffen geht beispielsweise ein Kind hervor, so ist diese Begegnung für das Kind ganz sicher eine schicksalhafte Begegnung, verdankt es ihr immerhin das eigene Sein.

Also kann ich schlussfolgern, dass wir selbst ins Schicksal eingreifen, dass der Zufall unter Umständen zum Schicksal wird. Das hat aber nichts damit zu tun, dass dieser Zufall selbst Schicksal ist!


  2. Der Zufall: Er ist eine mathematische Gewissheit und wird zwei Mal pro Woche bei der Ziehung der Lottozahlen belegt. Das heißt, der Zufall ist ein logisches Prinzip, das in unendlichen Voraussetzungen, in unendlichen Kombinationen zu unendlichen Möglichkeiten bzw. Resultaten führt!

In der Astrophysik heißt es das Chaos, in der Biologie die Evolution. Allein die Tatsache, dass das Leben, dass wir im Besonderen dem Zufallsprinzip der Evolution als bloße Mutation entsprungen sind - also unser Sein rein zufällig entstand - indiziert bereits die Nicht-Existenz jeglicher Vorsehung.


  3. Das Schicksal im Sinne von Vorsehung: Das wäre also somit die Vorherbestimmung des Zufalls. Das hieße z.B. mein 6er Lottogewinn nächste Woche wäre vorherbestimmt. Das bedeutet aber auch, der Zufall (die zufällige Zahlenkombination) wäre selbst vorherbestimmt. Das ist widersinnig - und demnach kann keine Vorherbestimmung neben dem Zufall existieren. Also gibt es entweder nur den Zufall oder nur die Vorherbestimmung aber niemals beides zusammen!

Wenn ich in diesem Zusammenhang das Viel-Zu-Wichtig-Nehmen eines jeden einzelnen Menschen mir betrachte, so wird ziemlich deutlich, dass die Schicksalsgläubigkeit seelisch begründet ist und nichts mit der Realität zu tun hat. Sie hilft dem Menschen, in gewisser Weise als Krücke, damit er sich nicht so allein und verloren im Universum vorkommt. Gott und die Religionen spielen hierbei auch eine Rolle, sind sie doch letztlich nichts anderes, als der Glaube an eine bestimmte Art der Vorsehung.

  Einmal angenommen, es gäbe keinen Zufall, so wäre jede gepflückte Blume (was für sie ihr Ende bedeutet), jede erschlagene Fliege, jeder Vulkanausbruch und jede Wettererscheinung, jede Begebenheit aller Kreaturen dieser Erde in jeder Bedeutung sowie in jeder Banalität, wie aber auch jede Planetenkonstellation oder sonstige kosmischen Ereignisse und Voraussetzungen für unsere Lebensfähigkeit in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vorherbestimmt. Ich denke, so furchtbar wichtig sind wir für das Universum dann wohl doch nicht.

  Eines der am Häufigsten angeführten Beispiele für das Schicksal, ist der Unfall, der unter außergewöhnlichen Umständen geschieht.

  Sagen wir, Mensch A fährt mit seinem Wagen jeden Tag um die selbe Uhrzeit den selben Weg zur Arbeit. Ganz einmalige Umstände zwingen ihn nun an einem beliebigen Tag eine andere Route zu einer anderen Uhrzeit zu wählen. Beim Menschen B ist es genauso, auch er unterliegt ausgerechnet zur selben Zeit wie A einer Ausnahmesituation. Beide treffen sich alsbald und verunfallen tödlich. Für die Hinterbliebenen ist es eindeutig: So etwas kann nur Schicksal sein. Sie finden keine Erklärung für solch einen dummen Zufall. "Das kann doch nicht, es muss einfach Schicksal sein." Somit hilft ihnen dieser Glaube, damit fertig zu werden. Leider hat das mit der Realität dann fast gar nichts mehr zu tun, denn im Nachhinein lässt sich jedes Ereignis als vorherbestimmt interpretieren.


  4. Die Wahrscheinlichkeit: Für einen Extrembergsteiger ist es sicher wahrscheinlicher, einem Absturz zum Opfer zu fallen, als an Altersschwäche zu sterben.

Für ein musikalisch begabtes Kind führt eine entsprechende Förderung seines Talentes zu der Wahrscheinlichkeit, dass es als Beruf den des Musikers wählt. Das hat nichts mit Schicksal aber genauso wenig etwas mit Zufall, sondern...


  5. Die Logik: ... diese Wahrscheinlichkeit hat allein etwas mit Logik zu tun, denn 1 + 1 = 2 = Talent plus Förderung führt zum Ziel. Also bei der Logik greifen immer irgendwelche Faktoren ein, die sich dann zwangsläufig entwickeln. Hierbei können aber auch solche Faktoren eine Rolle spielen, die ich vorher nicht wahrnehme oder überhaupt nicht kenne. Unbewusstes bejaht genauso die Logik, wie klare Verhaltensweisen oder eindeutige Ursachen. Den Mechanismus unserer Psyche kennen wir noch nicht (sonst gäbe es nicht so viele Nieten als Psychologen *g*), und ein führender Hirnforscher meinte mal, es sei leichter das Universum zu entschlüsseln, als das Gehirn.

Also vieles uns Unerklärliche, was wir gerne als Schicksal bezeichnen, kann logische Ursachen haben, die uns einfach nur noch nicht bekannt sind. Anderes kann dem Zufall unterliegen.


  Als Quintessenz kann ich nur folgern, dass das Leben in all seinen Formen sowie das Universum in seinem Ursprung und seinem Werden aus einem Zusammenspiel eines riesen Wurfs des Zufalls mit einem oder mehrerer logischer Ursachen entstand. Und genau das darf ich eben nicht mit Schicksal im Sinne von Vorherbestimmung verwechseln.


  Oder auf den Punkt gebracht:

Schicksal ist die Summe aller logischer Faktoren - aber - Vorsehung ist die Erfindung der Verzweiflung.


  Es gibt natürlich immer noch die hoffnungslosen Romantiker unter uns. Selbst ich spräche bei einer schicksalhaften Begegnung gerne von Vorsehung, würde vielleicht sogar daran glauben wollen - weil's schön ist und dieser Zweisamkeit einen heiligen Zauber verliehe.

Stellt sich diese Zweisamkeit hingegen bald als Irrtum heraus, bin ich jedes Mal aufs Neue verdammt froh, dass es dann doch keine Vorsehung war :o)


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 03.11.2002 - Sonntag - "Seelenverwandtschaft"


Guten Morgen um 17.00 Uhr :-))  Ich wäre ja schon auf Arbeit (!), aber heute beginnt sie erst 4 Stunden später. Welch wunderbares Leben!

  Gabi hat etwas Tolles und Interessantes über Seelenverwandtschaften geschrieben. Hm... da werde ich jetzt diese Nacht sicher viel drüber nachdenken müssen.

Es ist wahr, das Internet eröffnet Kommunikationsmöglichkeiten, wie noch vor ein paar Jahren unvorstellbar. Das "Schicksal" hätte beispielsweise mich niemals Menschen quer durch die Republik und darüber hinaus kennen lernen lassen. Selbst wenn ich zufällig, wie mit der Nadel auf einer Landkarte, einen Ort ausgesucht hätte, dorthin gefahren wäre, so hätte ich niemals auf Straße xy, Hausnummer yz die Wohnung im 3. Obergeschoss, links, 2. Tür gefunden - und selbst wenn, dann hätte auch die Zeit stimmen müssen für eine eventuelle Begegnung.

  Bon, außerdem unterhält man sich im Web viel ehrlicher, als bei einer persönlichen Begegnung. Ok, das ist nicht so neu, war schon immer so, denn in Brieffreundschaften ist es dasselbe. Alles zusammen jedoch sind die Möglichkeiten durch das Web millionenfach gestiegen.

  So, und es stimmt auch, was Gabi sagt, dass Homepages immer zwischen den Zeilen und Grafiken versteckte Botschaften enthalten. Ich glaube, wer kreativ ist, lässt immer auch etwas persönliches in diese Kreativität mit einfließen, so dass das Werk am Ende das eines Künstlers ist. Hier erkennt man übrigens haargenau, wie Joseph Beuys recht hat, als er zu erklären versuchte, dass jeder Mensch in seinem kreativen Tun ein Künstler ist.

  Wie dem auch sei, diese versteckten Botschaften werden von seelenverwandten Menschen sicher bemerkt oder erkannt oder verstanden, selbst wenn dies unterbewusst geschieht.

Ich bin mir nur nicht sicher, ob die Schlussfolgerungen so zutreffend sind, wie sie bei Gabi zitiert werden. Dass jede schicksalhafte Begegnung im Leben von Geburt an vorherbestimmt ist, daran zweifle ich, und dass ein Zusammentreffen einer schicksalhaften Seelenverwandtschaft zwingend etwas mit dem vorherigen Erkennen oder Finden des eigenen Seelenfriedens quasi als Voraussetzung zu tun hat, daran mag ich auch nicht so recht glauben.

  Gabi, das ist ja ein tolles Thema, hab ich doch gerade in den letzten zwei Wochen mir vermehrt Gedanken darüber gemacht. Weniger über die Seelenverwandtschaft, das ist nun mal ohne Zweifel so, als vielmehr über das Schicksalhafte daran. Aber so richtig "schlau" bin ich nicht geworden, denn je intensiver ich darüber nachdenke, je mehr Fragen kommen zum Vorschein. Pro Antwort mindestens zwei weitere Fragen :o)

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Œ 28.10.2002 - Montag - "Süße Katastrophen"


War super, wir hatten Rückenwind :-))

  Warum ich es wagte, durch diesen Orkan zu radeln? Ich muss nun mal zum Dienst, ob ich auf dem Weg von einem Baum im Auto oder auf dem Rad erschlagen werde, ist so ziemlich gleich - aber mal im Ernst: Unwetterwarnungen sind ja ok, ich meine, für die, die nicht aus dem Fenster schauen, aber diese ewigen Sensationsmeldungen der Medien sind einfach nur schlimm.

  "Lebensgefahr" stand im Heute Journal auf dem Laufband unten (als ob das Leben sonst ungefährlich wäre), Experten von der Feuerwehr wurden im folgenden Bericht um Rat gefragt und meinten, man solle bei diesem Sturm möglichst nicht im Wald spazieren gehen (ehrlich, das wurde gesagt!) und abschließend wurde noch von einem Baugerüst in Erfurt gemeldet, dass es eingestürzt sei *lol*. Wo soll das enden? Beim Ziegel, der vom Dach fällt und ein Kaninchen erschlägt?

Warum lieben wir nur diese Sensationsmeldungen? Mir scheint, einen Monat ohne sie, und Entzugserscheinungen machen sich breit. Ist das Leben denn schon so langweilig geworden, dass ein Herbst- oder Frühjahrssturm, dass Sonnenschein im Sommer und Frost im Januar als Spezial- und Extra-Sendungen daher kommen müssen?!


  Ich könnte die ganze Sache aber auch etwas größer spinnen, sie verknüpfen mit dem allgemeinen Pessimismus, der zur Zeit überall zu Hause zu sein scheint - oder mal eine These in einem zeitlichen Vergleich wagen: jede Generation hat ihre eigenen Wiederholungen und alle paar Generationen wiederholen sich ganze komplexe "Gesellschaftserscheinungen".

  Ende des 19. Jahrhunderts gab's durch die Vereinigung Deutschlands in der Bevölkerung eine gewisse Zeit lang eine Art Hochgefühl: alles wurde positiv gesehen, in riesen Schritten wuchs die Wirtschaft, die industrielle Revolution war auf ihrem Höhepunkt in Deutschland angelangt, Neues wechselte in rasantem Tempo mit wieder Neuem und auch die Kunst und Kultur blühten. Zum Ausdruck brachte diese neue Zeit am deutlichsten die Weltausstellungen, deren Gipfel wohl 1900 in Paris erreicht worden war.

  Von da an ging's bergab, und die erste Hälfte des 20. Jh. war gekennzeichnet durch Krieg und Elend, Katastrophen, politische Unruhen, Unstabilität und die Erkenntnis, dass der Fortschritt Grenzen hat.

Erleben wir nicht ähnliches in einem zeitlich groben aber sehr ähnlichen Rahmen!

Ende des 20. Jh. die Wiedervereinigung, die nächste wirtschaftliche Revolution (neue Märkte, Internet- und Computerboom), einen ungeheuren Optimismus in der Bevölkerung, Wohlstand und Neues täglich mehr, die Medienexplosion seit Mitte der 80er Jahre mit all dem vielen Neuen, was damit verbunden ist, Höchstleistungen der Gesellschaft im technischen Sinne (internationale Raumstation usw.) - also alles absolut vergleichbar mit dem Jahrhundert davor - und dann eben auch die Abstürze in allen Bereichen, die Ängste (politische Unruhen des 20. Jh. = Terrorismus des 21. Jh.). 1900 wurde genauso überschwänglich gefeiert wie 2000, dieselbe Euphorie.

  So, das alles mal ganz grob erwähnt (man könnte Bücher und dicke Analysen hierüber verfassen), müsste mit meiner These diese heutige Zeit des Pessimismus und der Katastrophensehnsucht, denn etwas anderes ist es nicht, was die Medien als Spiegel der Gesellschaft zur Zeit machen, in tatsächlichen Katastrophen münden!

  Ich könnte auch sagen, was die Gesellschaft sich selbst unterschwellig "wünscht" (einimpft oder wie auch immer prophezeit), das wird auch eintreffen. Was vor 100 Jahren auf Europa begrenzt war, wird morgen vielleicht global geschehen.

  Die schlimmste Vorstellung wäre natürlich die, dass wir gar nicht mit bewusst gesteuertem Optimismus etwas an diesen gesellschaftlichen Entwicklungen tun können, da "es in den Genen steckt". Wenn man die Gesellschaft als Körper betrachtet und die Individuen als einzelne Zellen dieses Körpers, dann funktioniert unsere Gesellschaft, wie der Ameisenstaat - nämlich nach Plan. Demnach gäbe es eine immerwährende Wechselwirkung zwischen Zerstörung und Wiederaufbau, vielleicht genauso, wie zwischen Leben und Tod - und somit kämen in unmittelbar nächster Zeit große Zerstörung und viel Elend auf uns zu, die dann aber am Ende zu Optimismus und Wiederaufbau führen.


  Ich schließe somit von der übertriebenen Beurteilung normaler Wetterer-scheinungen auf die Zukunft der Menschheit *lol*.

Im Rheinland sagt man übrigens zu solcher Art von "Kettengedanken", "von et Höcksken auf et Stöcksken" kommen :o)


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21.03.2002 - Donnerstag - "Was ist real?"


Gedankensplitter, morgens um 8 Uhr:

  Würde ich sagen, die ganze Welt findet nur im eigenen Kopf statt, wäre das abstrakt und kaum zu verstehen. Ist das, was ich sehe, Realität? Herr Müller sieht ohne die Farbe Rot, seine Welt sieht somit anders aus. Eine Biene sieht wieder anders und Schwarz ist keine Farbe, sondern ein Zustand, wenn das Licht aus ist. Was ist also die Realität?

  Ein aktuelles Beispiel liefert Towanda (www.towandas-turbulenzen.de) in ihrem Tagebuch: "Ziemlich irritiert war ich über ein Schild an einem LKW: Propaganda - Rauchen und offenes Feuer polizeilich verboten - bis ich gesehen hab, dass da nicht "Propaganda" sondern "Propangas" stand."

  Also, in der Realität steht da definitiv "Propangas", für Towanda stand dort aber genauso real "Propaganda" - demnach möchte ich gerne Schlussfolgern, dass es gar nicht so sehr darauf ankommt, die Realität genau zu erkennen, da sie eh nur in meinem Kopf erst zur Realität wird! Oder anders ausgedrückt: Jemand, der aus irgendwelchen Gründen nur 2 Dimensionen wahrnehmen kann, würde unsere dreidimensionale Welt gar nicht oder völlig anders verstehen. Vielleicht so, wie wir eine eventuell vorhandene 4. Dimension ebenso wenig erkennen könnten, obwohl sie "real" vorhanden wäre.

  Wie sähe Towandas Schild für einen Analphabeten aus? Wie real sind Träume? Wie sieht ein Blinder unsere Welt? Wie sehen sie Kinder?

  Der Gedanke schafft Wahrheit - eine Weisheit, die in diesem Licht eine ganz neue Bedeutung erlangt. Man muss sich mal überlegen, was somit alles möglich wäre! Nicht nur über Feuer gehen und diverse andere kleine Psychotricks, sondern wir können uns unsere eigene Welt nach unseren Vorstellungen selbst einrichten. Somit ist es eigentlich nur eine Ausrede, die da lautet, ich kann Problem XY nicht lösen, da die Realität es nicht zulässt. Also schaffen wir doch eine gute und gerechte Welt! - Auf jeden Fall hören wir auf damit, dümmlich überlegen zu schmunzeln, wenn junge Menschen voller Idealismus und gesunder Naivität an einer solch gerechten Welt bauen. Denn was ist real!


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